Protest gegen neue Zelte in den Bundesländern

BURGENLAND: ASYL -ZELTE AM GELAeNDE DER LANDESPOLIZEIDIREKTION EISENSTADT
BURGENLAND: ASYL -ZELTE AM GELAeNDE DER LANDESPOLIZEIDIREKTION EISENSTADT(c) APA/CHRISTIAN BRUNA
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Burgenland und Kärnten suchen nach fixen Unterkünften – jetzt erst recht.

Eisenstadt/Wien. Jetzt also auch in Kärnten und im Burgenland: Das Innenministerium stellt 50 neue Zelte in den beiden Bundesländern auf. In Salzburg, Linz und Thalham (Oberösterreich) sowie in Traiskirchen (Niederösterreich) stehen bereits solche improvisierten Unterkünfte. Anders sei die Anzahl von 370 Flüchtlingen, die täglich in Österreich einen Antrag stellen, nicht bewältigbar, heißt es aus dem Innenressort.

Doch noch während das Material für die Zelte angeliefert wurde, wuchs am Freitag schon der Protest gegen die neuen Unterkünfte. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sprach sich etwa offen gegen die Errichtung von Zelten in seinem Bundesland aus. Die Kompetenz liege aber nicht bei ihm, sondern beim Innenministerium.

Nicht nur das – auch die Liegenschaft, auf der die 30 Zelte im Kärntner Krumpendorf aufgestellt werden, ist im Besitz des Bundes: 200 bis 240 Flüchtlinge sollen dort im Bildungszentrum der Sicherheitsakademie des Innenministeriums unterkommen.

160 Asylwerber in Eisenstadt

Kaiser sind die Zelte trotzdem ein Dorn im Auge. Man habe die Sorge, dass aus dem Zeltlager quasi durch die Hintertüre eine fixe Einrichtung werde. Daher ist Kärnten nun erst recht bemüht, so schnell wie möglich reguläre Unterkünfte für Asylwerber zu finden. Derzeit prüfen Behörden daher potenzielle neue Quartiere.

Auch in Eisenstadt sorgte der Aufbau von 20 Zelten zur Unterbringung von 160 Flüchtlingen auf dem Gelände der Landespolizeidirektion für Wirbel. Vor allem zwischen den Parteien: SPÖ, ÖVP und FPÖ schoben sich gegenseitig die Verantwortung für die Asylproblematik zu.

Die Volkspartei nutzte vor allem die Gelegenheit, um die neue rot-blaue Regierung anzugreifen: Seit Wochen wüssten Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) und FPÖ-Obmann Johann Tschürtz um die täglich steigenden Zahlen von Schutzsuchenden Bescheid, meinte ÖVP-Landesgeschäftsführer Christoph Wolf. Statt kleiner Einheiten, in denen die Flüchtlinge untergebracht werden sollten, gebe es jetzt eine Zeltstadt in Eisenstadt: „Aus unserer Sicht ist die Unterbringung in Zelten auf alle Fälle die politische Bankrotterklärung“, erklärte Wolf.

„Zumindest Plane über Kopf“

Tschürtz sprach sich (siehe auch Interview auf S. 10) entschieden gegen Zeltlager aus. Quartiere sollten klein „und nicht überdimensional“ sein.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner kann all die Aufregung rund um die Zelte allerdings nicht verstehen: Für sie ist es „erschütternd, dass unter freiem Himmel schlafende Menschen in Traiskirchen allgemein für weniger Aufregung gesorgt haben“ als Zelte. Diese würden aufgestellt, „damit diese Menschen zumindest einen Schlafplatz und eine Plane über dem Kopf haben“. Tatsächlich sind im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen 900 Menschen quasi obdachlos.

Ihr seien ohnehin Container statt Zelte lieber, fügte die Ministerin hinzu. Allerdings fehle ihr dafür die Genehmigung der Gemeinden: Das Innenministerium stehe mit Container-Anbietern in Kontakt und könnte innerhalb weniger Tage Container aufstellen oder Zelte durch Container ersetzen. Trotz mehrfacher Aufrufe und Ersuchen in den letzten Monaten über Gemeindebund und Bundesländer habe sich bisher aber keine solche Lösung finden lassen – da die Baugenehmigungen nicht erteilt worden seien.

Um den Quartiermangel zu lösen, schlug Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) am Freitag nach dem Parteipräsidium einmal mehr eine Bezirksquote bei der Aufteilung von Flüchtlingen vor. Dieser – von den ÖVP-Landeshauptleuten abgeschmetterte – Vorschlag sei nur logisch und fair. Die errichteten Zelte seien für ihn nur eine Notmaßnahme: „Je schneller sie weg sind, umso besser.“

Daher suchen Bund und Länder derzeit weiter nach Gemeinden, die sich für die Aufnahme von Flüchtlingen bereit erklären. Nicht nur das – auch einige Standorte für die sogenannten Verteilerzentren werden noch gesucht. Ab dem 20.Juli soll die Erstprüfung von Asylwerbern nicht mehr in den großen Erstaufnahmezentren in Traiskirchen und Thalham stattfinden – sondern in kleineren Zentren direkt in den Ländern.

In Kärnten, der Steiermark und in Niederösterreich ist allerdings noch nicht fix, wo diese Quartiere stehen sollen. Und das, obwohl die Zeit drängt. Ursprünglich hätten die Standorte ohnehin schon am 1.Juli feststehen sollen.

Für Wien (und das Burgenland) wird eine schon bestehende Einrichtung in der Wiener Nußdorferstraße genutzt. In Innsbruck kommt eine Containerstadt nahe der Technischen Fakultät der Universität zum Einsatz, wo auch Anträge aus Vorarlberg bearbeitet werden. In Salzburg wird das ehemaligen Hotel Kobenzl am Gaisberg, in Oberösterreich Bad Kreuzen als Verteilerquartier fungieren. (red./APA)

AUF EINEN BLICK

Quartiermangel. Rund 370 neue Asylanträge werden im Durchschnitt täglich in Österreich gestellt. Da die Länder nicht genügend Quartiere zur Verfügung stellen, bringt das Innenministerium Flüchtlinge in Zelten unter. Insgesamt 50 neue Zelte sollen nun auch in Eisenstadt (Burgenland) und Krumpendorf (Kärnten) stehen. In Salzburg, Thalham, Linz und Traiskirchen schlafen Asylwerber bereits in solchen Unterkünften. 900 Flüchtlinge in Traiskirchen haben kein Dach über dem Kopf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2015)

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