Papst Franziskus auf Heimatbesuch

Pope Francis speaks as he is greeted by Ecuador´s President Correa after landing in Quito
Pope Francis speaks as he is greeted by Ecuador´s President Correa after landing in Quito(c) REUTERS (OSSERVATORE ROMANO)
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Der Papst will bei seiner großen Tour durch Ecuador, Bolivien und Paraguay auf die Lage der Armen aufmerksam machen.

Buenos Aires/Quito. Einem obersten Hirten obliegen unendlich viele Aufgaben. Große, weitreichende, wie etwa die gerade begonnene Annäherung der USA und Kubas, und kleine, wie die Obhut für jene Herde, die stundenlang vor der apostolischen Nuntiatur in Ecuadors Hauptstadt gewartet hat. Etwa gegen 20 Uhr Ortszeit öffnete sich die Tür, und der Papst trat heraus, in einer für ihn so typischen Verletzung des Protokolls. In seiner Muttersprache, dem singenden Spanisch von Buenos Aires, sagte Franziskus: „So, ehe ihr jetzt heim zum Schlafen geht und ehe ihr die Nachbarn schlafen lasst, werde ich euch segnen.“ Danach sprachen Franziskus und seine Fans ein Vaterunser, hunderte Handys filmten mit, und als der Papst kehrtmachte, riefen die Pilger „Gracias, santo padre, Gracias!“

Seit zwei Jahren warten sie, dass Lateinamerikas erster Papst heimkommt in die Länder, die seine Sprache sprechen. Am Sonntag ist er nun endlich gelandet auf dem Andenhochplateau, begrüßt von Ecuadors Staatschef Rafael Correa, der diesen Besuch wahrscheinlich mindestens so herbeisehnte wie die Gläubigen auf der Gasse. Denn Correa fällt das Regieren in letzter Zeit nicht mehr so leicht wie vor ein paar Jahren, als der Rohstoffboom seine Spendierhosen blähte. Wie die zwei anderen großen Umverteiler, Argentinien und Venezuela, wird auch Ecuador dieses Jahr mit einem Defizit im Budget beenden. Als Correa die Löcher mit der Einführung einer Erbschaftssteuer stopfen wollte, begann vor einem Monat die Mittelklasse zu marschieren. Und wollte auch nicht aufhören, als Correa die Steuerreform aussetzte.

Correa hofft auf Dividenden

Täglich demonstrieren Massen nun für Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und anderes demokratisches Wurzelwerk, das von Correas Revolution über die Jahre untergepflügt wurde. Entlang der 30 Kilometer langen Landstraße, die den neuen Flughafen mit der aus vorkolonialen Zeiten stammenden Hauptstadt verbindet, begrüßten die Unzufriedenen den Papst und teilten ihm auf Transparenten die Themen mit, die er doch bitte mit dem Präsidenten erörtern solle.

Dass Correa, der seine Ideologie ja in einer katholischen Soziallehre fundiert, den Papst für seine Zwecke einspannen will, ist spätestens klar, seit tausende vom Staat gedruckte Transparente und T-Shirts Franziskus' Foto vor dem Multicolor-Fonds von Correas politischer Bewegung zeigen. In seiner Begrüßung zählte der Präsident die Fortschritte Ecuadors unter seiner Führung auf und dekorierte den Diskurs mit Sätzen des Pontifex Maximus. „Danke, danke“, antwortete dieser darauf und bemerkte, ebenso bescheiden wie hintersinnig: „Sie haben mich schon zu viel zitiert.“

Franziskus spendete durchaus Lob für die Verbesserungen, die viele Leute in dem zuvor von wirtschaftlicher und politischer Instabilität zerrissenen 15-Millionen-Staat unter Correas Führung erleben durften, aber er wies den Präsidenten auch darauf hin, dass noch vieles fehlt. „Die Armen sind die große Schuld, die ganz Lateinamerika bis heute trägt“, sagte der Papst.

Die „periferia“, diesen vielfach ebenso unbeachteten wie tiefgläubigen Rand, will Franziskus auf dieser ersten Heimreise stärken und segnen. Auf dem Reiseplan stehen noch Bolivien und Paraguay, beides Binnenstaaten, die Peripherie der Peripherie.

Der Besuch Ecuadors, der heute mit einem Großgottesdienst in Quito abgeschlossen wird, hat wohl auch den Zweck, dass sich der Papst, der seit seiner Jugend einen Lungenschaden hat, an die Höhe gewöhnen kann. Quito liegt auf 2850 Metern. Damit am Mittwoch auf den 3700 Metern von La Paz auch wirklich nichts passiert, bat er den Präsidenten Evo Morales, er möge ihm Kokablätter zum Flughafen mitbringen. Als Oberster Hirte muss man sich um alles kümmern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.07.2015)

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