Nationalrat beschließt Steuerreform

Opposition kritisiert Steuerreform:
Opposition kritisiert Steuerreform: "Rückgabe von Gestohlenem"APA/ROLAND SCHLAGER
  • Drucken

Die Regierung verspricht positive Auswirkungen auf Konjunktur und Beschäftigung. Die Opposition kritisiert die Reform als "Rückgabe des Gestohlenen."

Der Nationalrat beschert den Österreichern am Dienstag eine Steuerentlastung im Volumen von rund 5,2 Milliarden Euro. Die Opposition lehnte die Reform geschlossen ab. Sie bezweifelt unter anderem die Nachhaltigkeit der Entlastung.

Grundsätzlich vorgesehen ist eine große Tarifreform, die einen deutlich niedrigeren Eingangssteuersatz von 25 Prozent bringt und mit der die Zahl der Lohnsteuerstufen auf sechs verdoppelt wird. Für all jene, die unter der Steuerfreigrenze von 11.000 Euro verdienen, wird die Negativsteuer von derzeit 110 auf maximal 400 Euro ausgeweitet. Auch Kleinpensionisten profitieren, nicht aber Bezieher der Ausgleichszulage, einer Defacto-Mindestpension.

Für die Gegenfinanzierung sorgen unter anderem eine Anhebung derzeit begünstigter Mehrwertsteuersätze, eine System-Umstellung bei der Grunderwerbssteuer sowie ein Betrugsbekämpfungspaket, das etwa in der Gastronomie eine Registrierkassenpflicht ab einem Jahresumsatz von 15.000 Euro bringt. Zudem wurde dank der Unterstützung der Grünen auch noch das Bankgeheimnis mittels Verfassungsmehrheit de facto abgeschafft.

Damit hatte es sich mit der oppositionellen Unterstützung für die Koalitionspläne auch schon wieder. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache prangerte an, dass man die Mindestpensionisten in Stich lasse, würden diese doch als einzige nicht entlastet. Und jene, die profitierten, würden das durch die "kalte Progression" bald wieder verloren haben. Mit der Registrierkassen-Pflicht würden alle Unternehmer unter Generalverdacht gestellt und der "größte Sündenfall" überhaupt sei, dass "das gute, österreichische Bankgeheimnis" abgeschafft werde. 

Die Neos sahen durch die Reform die Arbeitslosigkeit befeuert. Klubobmann Matthias Strolz warnte vor immer neuen Negativmeldungen, was die Arbeitslosenrate betrifft. "Österreich ist mit beängstigendem Tempo unterwegs auf der Verliererstraße", zu Weihnachten 2015 würden bereits 500.000 Menschen arbeitslos unter dem Weihnachtsbaum sitzen. "Hier braucht es entschlossene Gegenstrategien, Herr Bundeskanzler, und die sehen wir nicht."

Werner Kogler (Grüne) sah das nicht so drastisch, warnte aber vor einem wirtschaftlichen Zurückfallen Österreichs und bemühte einen Speisekammer-Vergleich: "Wir knabbern schon am fetten Speck und wir liefern nicht nach." Die Steuerreform sei "kein Meilenstein, sondern ein Kieselstein, tut mir leid".

Waltraud Dietrich (Team Stronach) warnte ähnlich wie die Neos vor der steigenden Arbeitslosigkeit. Mit der Reform würden Unternehmer demoralisiert und kriminalisiert, und die Milliarden für die Menschen seien nur als Geschenk verpackt. "Das ist kein Geschenk, das ist eine Zurückgabe des Gestohlenen."

Faymann: "Respekt vor Unternehmern, die sich vor Betrugsbekämpfung nicht fürchten"

(c) APA

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) zeigte sich hingegen stolz auf das Erreichte. Die Reform bringe fünf Mrd. Euro Entlastung bei nur 220 Mio. Euro zusätzlicher Mehrwertsteuerbelastung. Ein Arbeitnehmer mit 2100 Euro Bruttoeinkommen bekomme eine 30-prozentige Lohnsteuersenkung. Er berief sich auf Experten, die der Reform positive Auswirkungen auf Konjunktur, Beschäftigung, private Nachfrage und das Bruttoinlandsprodukt vorausgesagt hatten. 

Den von den Neos eingeforderten Respekt vor den Unternehmern des Landes beantwortete der Kanzler mit einer Spitze: "Ich sage großen Respekt vor allen Unternehmern in diesem Land, die Steuern zahlen, längst schon Registrierkassen haben und sich vor Betrugsbekämpfung nicht fürchten."

Relativ bescheiden gab sich Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP), der von einem ausgewogenen balancierten Paket sprach und versicherte, dass fünf Milliarden ein Volumen seien, das nachhaltig wirke.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

NATIONALRAT: FAYMANN
Innenpolitik

Steuerreform: Ein „Meilenstein“ als „Kieselstein“

Die Steuerreform wurde gestern mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP, bei der Abschaffung des Bankgeheimnisses auch mit Zustimmung der Grünen, vom Nationalrat beschlossen. Das Urteil fiel geteilt aus.
Innenpolitik

Verwaltungsreform: Protest der Anwälte und Notare

Der geplante Bürokratieabbau der Regierung sorgt in einzelnen Kammern für Unmut. SPÖ und ÖVP beschwichtigen.
Nationalrat: Bankgeheimnis de facto abgeschafft
Politik

Nationalrat: Bankgeheimnis de facto abgeschafft

Dank der Stimmen der Grünen erzielte die Koalition bei der Kontoeinschau die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit.
Politik

Steuerreform: In letzter Minute wurde noch einiges geändert

Bei der Registrierkassenpflicht sind Erleichterungen vereinbart worden. Die Mehrwertsteuererhöhung für Tourismusbetriebe sowie Theater- und Musikaufführungen wird weiter hinausgezögert.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.