Nationalrat: Bankgeheimnis de facto abgeschafft

Nationalrat: Bankgeheimnis de facto abgeschafft
Nationalrat: Bankgeheimnis de facto abgeschafft (c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Dank der Stimmen der Grünen erzielte die Koalition bei der Kontoeinschau die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit.

Der Nationalrat hat das Bankgeheimnis am Dienstag de facto abgeschafft. Dank der Stimmen der Grünen erzielte die Koalition bei der Kontoeinschau die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit. Gleichzeitig wurde ebenfalls mit Verfassungsmehrheit vereinbart, dass die Kapitalertragssteuer auf Dividenden auf 27,5 angehoben wird, die auf Sparbücher bleibt bei 25 Prozent.

Änderungen gibt es auch, um jene Steuerhinterzieher (Abschleicher) zu erreichen, die 2012/2013 heimlich ihr Vermögen aus der Schweiz bzw. Liechtenstein nach Österreich zurücktransferiert hatten, um ihr Geld vor Inkrafttreten der Steuerabkommen mit diesen Ländern vor der Finanz in Sicherheit zu bringen. Mit einem rückwirkenden Kapitalzuflussgesetz müssen Banken der Finanz jeden Betrag über 50.000 Euro melden, der vor Inkrafttreten der Abkommen mit diesen Ländern (2012 und 2013) getätigt worden ist.

Strache: "Größter Sündenfall"

Vor allem das Ende des Bankgeheimnisses sorgte in der Debatte bei Teilen der Opposition für Empörung. FPÖ-Klubchef Heinz-Christian Strache sprach vom "größten Sündenfall" überhaupt, dass das "gute, österreichische Bankgeheimnis" abgeschafft werde. Geschaffen werde der gläserne Mensch. Jeder werde verdächtigt, irgendwelche Unregelmäßigkeiten vorzunehmen, klagte der Obmann der Freiheitlichen.

Ganz ähnlich lautete die Kritik von Team Stronach-Mandatar Rober Lugar: "Ich misstraue dem Staat und will nicht, dass er alles über mich weiß." Er sieht in den Konteneinschau schon eine Vorleistung für die von der SPÖ propagierte Vermögenssteuer.

Etwas überraschend nun auch wieder recht vehement gegen die Konteneinschau trat Neos-Klubchef Matthias Strolz auf. Die ursprünglichen Bedenken seiner Fraktion hatten darauf gefußt, dass keine richterliche Genehmigung vorgesehen war. Da dies auf Druck der Grünen geändert wurde, hätte man eigentlich ein Ja der Neos erwartet. Doch Strolz findet, dass auch jetzt kein entsprechender Rechtsschutz der Bürger gegen Daten-Missbrauch gegeben sei.

Glawischnig: "Extrem saubere Lösung"

Grünen-Klubobfrau Eva Glawischnig fragte sich ob des Strolz-Neins, wo denn der konstruktive Geist der Neos-Anfangstage hingekommen sei. Aus ihrer Sicht handelt es sich nämlich bei der Konteneinschau um eine "extrem saubere Lösung". Alleine dass die Erstellung des Kontenregisters den Behörden erspare, im Verdachtsfall alle 800 Banken anschreiben zu müssen, sei positiv zu bewerten. Wert legt Glawischnig darauf, dass über Großbetriebsprüfungen der Fokus auf "große Fische" gelegt werden soll.

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) stellte klar, dass man nicht so einfach Einschau in ein Konto nehmen könne. Es braucht einen Verdacht, es gelte ein Vier-Augen-Prinzip und der Richter müsse auch noch eine Genehmigung liefern. Insgesamt sprach Schelling, der nach seiner Rede das Plenum Richtung Ecofin verlassen musste, bei der Steuerreform von einem ausgewogenen, balancierten Paket. Eine Entlastung von fünf Milliarden sei jedenfalls ein Volumen, das nachhaltig wirke.

Eine Lanze für die neuen Regeln bei der Konteneinschau brach SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer: "Wir wollen nicht, dass das Bank-Geheimnis länger missbraucht wird." Denn Steuerbetrug sei Diebstahl an der Gesellschaft. Grundsätzlich sei es ohnehin so, dass schon jetzt Kontenöffnungen möglich gewesen seien. Nur gehe es künftig schneller und auch mit dem entsprechenden Rechtsschutz.

Ein Ja zur Betrugsbekämpfung kam auch von ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger. Sozial- und Steuerbetrug sei kein Kavaliersdelikt. Als "Wermutssteuer" bezeichnete er, dass die SPÖ bei der Grunderwerbssteuer keiner Maximal-Belastung für in den geerbten Gebäuden wohnende Angehörige zugestimmt habe. Konter Krainers: Die Erhöhung der Grunderwerbssteuer sei die Idee der ÖVP gewesen, im SPÖ-(Erbschaftssteuer)Modell hätte man bis zu einer Million eine Steuerbefreiung gehabt.

(APA)

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