„Terminator“ neu: Mehr Monstrum als Film

(c) Pramount Pictures/ Melinda Sue Gordon
  • Drucken

Alan Taylors Film „Terminator: Genisys“ ist eine popkulturelle Katastrophe, das Ergebnis einer Filmindustrie, die ihre Geschichtenerzähler abschafft. Statt Hommage regiert die Parodie.

Schon wieder spielt Hollywood auf der Nostalgieorgel. Hört sich nach hoher Kunst an, ist aber bei genauer Betrachtung ein ziemlich unschickes kommerzielles Planspiel. Was einmal erfolgreich war, wird wieder eingespeist in die filmindustrielle Verwertungskette. Ganz so, als ließe sich ein Kunstwerk wie ein Auto in Einzelteile zerlegen und neu zusammenschrauben. Ganz so, als wäre ein Film nicht unbedingter Ausdruck seiner Zeit und der Kreativkräfte dahinter.

„Terminator: Genisys“ beweist, dass diese fordistische Herangehensweise an die Filmproduktion nicht nur philosophisch besorgniserregend ist, sondern auch grauenhafte Ergebnisse zeitigt. Schwarzeneggers Killer-Roboter aus einer Maschinenzukunft, die es zu verhindern gilt, war in James Camerons meisterlichem Original (1984) eine intelligente Variation auf den Frankenstein-Mythos: ein hausgemachtes Ungeheuer, das den eigenen Untergang einläutet. „Terminator: Genisys“ erscheint jetzt selbst als Monstrum, zusammengenäht aus ikonischen Versatzstücken der Originalfilme und krampfhaft bemüht, deren Atmosphäre zu simulieren.

Das gelingt nicht einmal in jenen Sequenzen, die direkt aus Camerons „Terminator“ herausgeschnitten wurden: Wie ein Fanbub inszeniert Regisseur Alan Taylor, sonst abonniert auf Premiumfernsehserien wie „Game of Thrones“, die Ankunft von Schwarzeneggers Terminator im New York des Jahres 1984 identisch zum Originalfilm: Intendiert als Hommage, wirkt diese Mimikry vor allem als Parodie, die so auch in der Comedy-Show „Saturday Night Live“ vorkommen könnte.

Das ist aber erst der Anfang vom Ende, denn das dramaturgische Konzept von „Genisys“ fußt auf der Idee einer alternativen Zeitachse, entstanden nach einem dramatischen Zwischenfall in der postapokalyptischen Zukunft. Also wird der Vintage-Schwarzenegger (und damit auch James Camerons „Terminator“) von einem zeitgenössischen Schwarzenegger zerlegt. Und Kyle Reese (Jai Courtney) wird im Remix der „Genisys“-Welt von jener Sarah Connor (Emilia Clarke) gerettet, die er im ersten Film noch vor dem Terminator beschützen musste. Alles gleich, aber anders eben. Nicht nur werden damit James Camerons fantastische Originalfilme in Inhalt und Einfluss annulliert, das gesamte „Genisys“-Projekt ist eine popkulturelle Katastrophe. Regisseur Alan Taylor kann und will man schon glauben, dass er diese Filmreihe verehrt, sich sozusagen mit ihr verkabelt hat, bis ihm alle Sicherungen durchgebrannt sind. Das Ergebnis führt den Zuschauer allerdings auf die dunkle Seite des Nerdismus, in eine Welt der sklavischen Verehrung, des kreativen Stillstands. Denn was „Genisys“ an originärem Gedankengut in die „Terminator“-Welt einführt, ist nicht der Rede wert, weil eine bloße Variation von bereits Bestehendem. Kein Wunder, dass Cameron in einer vermutlich gut bezahlten Werbeeinschaltung davon spricht, dass „Genisys“ für ihn der wahre dritte Teil der Filmreihe sei: kaum ein Element darin lässt sich nicht auf seine beiden „Terminator“-Filme zurückführen.

Mit Respekt sollte man das allerdings nicht verwechseln. Denn wer etwas respektiert, äfft es nicht nach. Vor allem nicht so ungelenk, dass es parodistische Züge annimmt. Besonders Schwarzenegger animiert zum Lachen: Wie auf Knopfdruck muss er Einzeiler aufsagen – der blödeste: „I'm old, not obsolete“ – die alle verzweifelt auf ihr popkulturelles Nachglühen als Mem oder Shirt-Aufdruck hingetrimmt erscheinen.

Fehlbesetzungen, Bedeutungsposen

Auch bei den meisten anderen Figuren wünscht man sich zurück in die Vergangenheit: Emilia Clarke erreicht nicht einmal annähernd die Verletzlichkeit und amazonengleiche Körperlichkeit von Ur-Sarah Connor Linda Hamilton. Und Muskelmann Jai Courtney taugt vielleicht als Augenzucker, ist als Kyle Reese aber komplett fehlbesetzt. Um Substanzielles geht es in „Genisys“ aber ohnehin nicht, nur mehr um dessen Behauptung: Hunderte aufpolierte, mit digitalen Effekten vollgeramschte Oberflächen werden am Zuschauer vorbeigezogen. Alle geben vor, irgendwie bedeutsam zu sein, irgendetwas Spannendes zu erzählen. Dahinter klafft aber eine gewaltige Leere, Ergebnis einer Filmproduktionslandschaft, die Geschichtenerzähler abschafft und an ihre Stelle Technokraten setzt. Die müssen dann das Marketing-Plansoll erfüllen, die Nostalgiker ebenso befriedigen wie die „Digital Natives“. Aus dem Baukasten klaubt man möglichst viele Hommagen an das Original, möglichst viele Action-Panoramen aus dem Computer, möglichst viele Schwarzenegger-Sprüche. Aneinandergeschraubt soll dann am Ende irgendwie so etwas wie ein Film herauskommen, und wenn nicht, auch nicht schlimm, die Leute wollen es ja trotzdem sehen.

Oder auch nicht: In den USA ist „Genisys“ an der Kinokassa abgesoffen, hatte keine Chance gegen „Jurassic World“, den anderen aktuellen Film, der es versucht und geschafft hat, nostalgische Gefühle zu monetarisieren. Im Film hängt Schwarzeneggers Figur an viele seiner Sätze den Nachsatz „theoretisch“ an. Und ja, theoretisch müsste dieser Film funktionieren. Theoretisch hätte man Spaß daran. Und theoretisch kann es ja auch gar nicht so schwer sein, einen Blockbuster annähernd kompetent zu inszenieren. Aber praktisch ist dieser Wiederbelebungsversuch komplett gescheitert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.