Integration: Experten fordern Vorbereitungsklassen

Fabry
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"Integration ist Sisyphosarbeit", betont der Vorsitzende des Expertenrats des Integrationsministeriums. Minister Kurz kündigt für Herbst ein Gesetz für die raschere Anerkennung von Abschlüssen an.

Der neue Bericht des Expertenrats des Integrationsministeriums ist am Donnerstag präsentiert worden. Erneut werden darin eigene Vorbereitungsklassen für Zuwandererkinder, die während des Schuljahres kommen und noch nicht gut Deutsch sprechen, gefordert. "Damit fällt ihnen die Integration in der Klassengemeinschaft später leichter, und sie können mit einem Grundstock an Deutschkenntnissen schneller Anschluss finden", heißt es in dem Bericht.

VP-Integrationsminister Sebastian Kurz verwies hier auf die Stadt Wien, die kürzlich eigene Kurse angekündigt hat. Die SPÖ hatte sich in der Vergangenheit gegen eine Trennung gewehrt. Kurz zeigte sich heute aber zuversichtlich, den Koalitionspartner überzeugen zu können, dies sei nur eine Frage der Zeit. Es gehe nicht ums "ausgrenzen, sondern vorbereiten": "Ich werde hartnäckig sein."

SP-Bildungsministerin zeigte sich am Donnerstag nicht generell ablehnend: Vorbereitende Kurse sollten aber "so kurz wie möglich" sein. Für Kinder und jugendliche Flüchtlinge sowie andere Quereinsteiger könne es "durchaus Sinn machen", mit einem Intensivsprachkurs zu beginnen, in dem sie etwa vier Wochen Grundlagen in Deutsch erwerben. Auf die Integration in einer Gruppe Gleichaltriger müsse jedoch "von Anfang an höchstes Augenmerk" gelegt werden, so die Ministerin. Sprachförderkurse seien bereits jetzt integrativ, parallel und ergänzend möglich. Über das beste pädagogische Konzept können die Lehrer vor Ort in Zusammenarbeit mit der Schulaufsicht entscheiden, erklärte die Ressortchefin.

"Mobile Wertschulungen" für Flüchtlinge

Generell soll laut Integrationsbericht das Angebot an Deutschkursen ausgebaut werden, ebenso wie die Möglichkeit für Online-Sprachkurse. Zu einem zweiten verpflichtenden Kindergartenjahr laufen die Verhandlungen, so Kurz.

Den Schwerpunkt haben die Experten anlässlich des Flüchtlingszustroms diesmal auf Menschen, die in Österreich Asyl bekommen, gelegt. Sie fordern, dass diese Flüchtlinge bessere Chancen am Arbeitsmarkt bekommen. Im Herbst soll daher das Gesetz für eine raschere Anerkennung ausländischer Abschlüsse vorliegen, kündigte Kurz an.

Da die Flüchtlinge aus anderen Kulturkreisen kommen, mit Traditionen, die man zum Teil hier nicht dulde, gebe es auch "mobile Werteschulungen", so der Minister. Ehrenamtliches Engagement in Vereinen wiederum führe dazu, dass Zuwanderer "nicht Zaungast" bleiben.

90 Prozent der Migranten fühlen sich heimisch

Heinz Faßmann, Vorsitzender des Expertenrats für Integration, räumte ein: "Wir leben in einer schwierigen Zeit".  Die Bilder in den Medien würden viele verunsichern. Das Integrationsklima, das sich in den vergangenen Jahren verbessert habe, erlitt daher 2015 einen leichten Rückschlag. Trotzdem habe es sich aber im langfristigen Vergleich signifikant verbessert. 2010 meinten 31 Prozent, die Integration funktioniere "sehr gut" oder "eher gut", 2015 waren es fast 41 Prozent.

Die überwiegende Mehrheit der Migranten, nämlich 90 Prozent, fühle sich völlig oder eher heimisch. Die Einschätzung, in Österreich überhaupt nicht zu Hause zu sein, verringerte sich von sechs auf unter drei Prozent. 70 Prozent der Befragten mit Migrationshintergrund gaben an, sich Österreich mehr zugehörig zu fühlen, als dem Staat, aus dem sie oder ihre Eltern stammen. Faßmann stellte fest: "Integration ist Sisyphosarbeit, aber Sisyphos war ein glücklicher Mensch, das nur zur Erinnerung."

(c) APA

(APA/Red.)

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