Sozialleistungen: Gutscheine statt Geld

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Die ÖVP und das Land Niederösterreich wollen einen Teil in Form von Gutscheinen ausbezahlen. Sozialminister Rudolf Hundstorfer will jetzt darüber verhandeln.

Wien. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) ist weiter überzeugt, dass die Mindestsicherung sehr restriktiv kontrolliert wird und damit gegen Missbrauch gesichert ist. Aber: Der SPÖ-Minister ist jetzt bereit, über eine Änderung zu verhandeln. Künftig soll es möglich sein, einen Teil in Form von Sachleistungen auszubezahlen.
Ausgangspunkt sind die Wünsche von zwei Bundesländern: Sowohl Wien als auch Niederösterreich wünschen sich Veränderungen. Und die ÖVP hat in jüngster Zeit ebenfalls vehement darauf gepocht, Missbrauch bei der Mindestsicherung abzustellen.

In Niederösterreich hat der ÖAAB seine Vorschläge zum Teil schon umsetzen können. Der Landtag hat im Juni beschlossen, dass nach einer Bezugsdauer von 18 Monaten die Mindestsicherung auf ein Gutscheinsystem umgestellt werden kann. Gedacht ist das für jene Fälle, in denen die Bezieher Miete oder Heizkosten nicht bezahlen. Diese würden dann direkt überwiesen werden. Möglich wäre aber auch eine Ausgabe von Lebensmittelgutscheinen.

Für die Kontrolle von Beziehern der Mindestsicherung ist in Niederösterreich jetzt die Finanzpolizei gesetzlich zuständig. Bisher war das allein eine Aufgabe der Bezirksbehörden.

Anreiz für den Wiedereinstieg

Außerdem setzt Niederösterreich einen Anreiz für einen Wiedereinstieg in den Beruf: Wer sechs Monate lang die Mindestsicherung bezogen hat, kann ein Jahr lang bis zu 40 Prozent zur staatlichen Unterstützung dazuverdienen. Das konnte das Land Niederösterreich allein beschließen, für weitere Schritte benötigt man aber die Unterstützung des Bunds.

So plädiert Wolfgang Sobotka als Chef des niederösterreichischen Arbeitnehmerbunds für ein Job-Förderungsprogramm: Wer die staatliche Sozialhilfe bezieht und arbeitsfähig ist, solle gemeinnützige Arbeit verrichten. In einer Resolution hat der Landtag – übrigens mit den Stimmen der SPÖ – die Bundesregierung aufgefordert, Projekte, bei denen die Bezieher der Mindestsicherung für gemeinnützige Organisationen oder Behörden arbeiten, aus den Mitteln des Arbeitsmarktservice zu finanzieren. Was dahintersteht: Wer sich solchen Projekten verweigert, soll mit Sanktionen rechnen müssen – etwa einer Kürzung der Mindestsicherung oder einer Umstellung auf Gutscheine.

Etwas anders ist der Ansatz in Wien: Dort will Sozialstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) den Fokus auf junge Bezieher von Mindestsicherung legen. Auch Wehsely spricht von Sachleistung und meint damit, dass Jugendliche und junge Erwachsene bis 25 ein Beschäftigungs- oder Ausbildungsangebot erhalten und damit nicht mehr auf die Mindestsicherung angewiesen sind. Dafür müssten Arbeitsplätze im gemeinnützigen Bereich oder in der Wirtschaft geschaffen werden. Wird das Angebot abgelehnt, sollen in Zukunft auch minderjährigen arbeitsfähigen Beziehern die Leistungen gekürzt werden. Die Ausgabe von Gutscheinen, etwa für Essen, ist in Wien aber definitiv nicht angedacht.

Immer mehr Flüchtlinge

Der Ansturm an Asylwerbern wirkt sich auch auf die Mindestsicherung aus: Wer als Flüchtling anerkannt wurde, aber noch keine Arbeit hat, erhält Anspruch auf die Sozialleistung – was laut Gemeindebund vor allem in den großen Städten schon beträchtliche Auswirkungen hat. Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich auch in diesem Fall dafür ausgesprochen, die Geldleistungen teilweise durch Sachleistungen zu ersetzen. Er argumentiert damit, dass Flüchtlinge einen Teil des Geldes in ihre Heimatländer schicken würden. Und das sei nicht der Sinn von Sozialleistungen.

Auf einen Blick

Mindestsicherung. Dieses Sozialgeld für Personen, die kein oder wenig Einkommen haben, in Höhe von 827 Euro im Monat für Alleinstehende wurde im September 2010 statt der Sozialhilfe eingeführt. Rund 238.000 Bezieher gab es 2013. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) kann sich nun Änderungen vorstellen, etwa die Auszahlung von Sachleistungen statt Geld.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2015)

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