Sparbudget platzt in die Wien-Wahl

(c) APA/RUBRA (RUBRA)
  • Drucken

Finanzminister Schelling bereitet für 14. Oktober sein erstes Budget vor. Die Koalition beruhigt wegen der Herbstwahlen. In mehreren Ministerien sind aber kräftige Einschnitte nötig.

Wien. Nach den nerven- und zeitraubenden EU-Dauerverhandlungen um die vorläufige Griechenland-Rettung hat Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) mit der Ankündigung, im Herbst einen konkreten Plan zur Abschaffung der schleichenden Steuererhöhung (kalte Progression) vorzulegen, kürzlich noch für einen Paukenschlag gesorgt. Und mit seinem jüngsten Vorschlag, sich doch am deutschen Hartz-IV-Modell in Sachen Arbeitslosengeld ein Vorbild zu nehmen, gleich für einen weiteren.

Nach einer Verschnaufpause wartet Ende August/Anfang September in Österreich die nächste Bewährungsprobe auf ihn: Schelling muss bis zu seiner Budgetrede am 14. Oktober den Voranschlag für 2016 unter Dach und Fach bringen. Es ist eine Premiere. Bei seinem ersten Budget werden nach Informationen der „Presse“ praktisch alle Ministerien finanziell Haare lassen müssen, damit das im Finanzpfad bis 2019 von SPÖ und ÖVP heuer im Frühjahr beschlossene strukturelle Nulldefizit (ohne Einmaleffekte) von knapp 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung erreicht wird.

Die EU hat bereits massive Zweifel angemeldet, ob der Budgetpfad bis zum Jahr 2019 hält. Das Finanzministerium möchte das Budget 2016, um den Wahlkampf von SPÖ und ÖVP für die Oberösterreich-Wahl am 27.September und die Wien-Wahl am 11.Oktober nicht zu stören, möglichst ohne größere Turbulenzen, ähnlich wie im Frühjahr den längerfristigen Finanzrahmen, über die Bühne bringen. Einfach wird das nicht. Erstens wird die Schlussphase der Erstellung des Budgets 2016 von der Wien-Wahl überschattet. Nur drei Tage später wird Finanzminister Schelling sein Zahlenwerk dem Nationalrat präsentieren.

Zweitens gibt es für einige Ressorts massive finanzielle Schwierigkeiten: Das gilt für das Innenministerium wegen der drastisch höheren Asylwerberzahlen ebenso wie für das Bildungsministerium. In praktisch allen Ressorts sind, so heißt es, noch Einsparungen nötig.
•Innenministerium: Von der Regierungsspitze mit Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner bis hin zu Finanzminister Schelling gibt es die grundsätzliche Zusage, dass für die erhöhten Kosten, die durch den deutlich verstärkten Zustrom von Asylwerbern und deren Unterbringung und Versorgung entstehen, mehr Geld bereitgestellt wird. Unter anderem wird das notwendige Personal aufgestockt. Aber auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner kommt nicht ungeschoren davon. Eine Sparmaßnahme ist bereits jetzt bekannt: Die Zuweisungen zu Zivildienstplätzen wurden um zehn Prozent eingeschränkt. Dabei ist der Andrang auf den Zivildienst bei den jungen Männern auf Rekordniveau. Außerdem stemmen sich die Hilfsorganisationen, die auf Zivildiener angewiesen sind, gegen Einschränkungen. Die Zahl der Polizisten wird gemäß Regierungsvereinbarung bis 2018 aufgestockt. Das Innenressort muss dennoch rund 20 Millionen Euro einsparen.


•Bildungsministerium: Das Bildungsbudget wird zwar bis 2019 um rund eine halbe Milliarde Euro auf 8,6 Mrd. Euro aufgestockt. Dennoch kämpft Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) mit einem Finanzloch von gut 300 Millionen Euro. Wie dieses gefüllt wird, ist bisher unklar.


•Außenministerium: Ressortchef Sebastian Kurz muss insgesamt einen zweistelligen Millionenbetrag an Einsparungen auf den Tisch legen. Das Geld soll zu einem großen Teil durch einen Sparkurs bei den Botschaften hereingebracht werden.


•Sozialministerium: Wegen der äußerst hohen Arbeitslosenrate steht zwar insgesamt deutlich mehr Geld zur Verfügung. Noch vor dem Sommer haben SPÖ und ÖVP auch die Weichen gestellt, dass Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) für Sondermaßnahmen – vor allem für ältere Arbeitnehmer – jeweils eine Viertelmillion Euro mehr erhält. In der Verwaltung soll aber gespart werden. Dem Hartz-Vorschlag erteilte die SPÖ ja umgehend eine Absage.


•Wirtschafts- sowie Agrarministerium: In beiden Ressorts sollen je zweistellige Millionenbeträge bei Förderungen eingespart werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Josef Moser, Präsident des Rechnungshofs
Politik

Josef Moser: "Wir entziehen Kindern die Grundlage"

Josef Moser, Präsident des Rechnungshofs, will prüfen, wie sich politische Entscheidungen langfristig auswirken. Die Politik interessiere nur eine kürzere Zeitspanne – nämlich die bis zur nächsten Wahl.
Politik

Budget: Nach der Steuerreform ein Sparpaket?

Die EU-Defizitziele werden im kommenden Jahr deutlich verfehlt, sagt der Fiskalrat. Um ein Verfahren zu vermeiden, müsse man bei den Ausgaben „nachjustieren“.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.