Heinisch-Hosek/Karmasin: Die Geschichte einer Entfremdung

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Heinisch-Hosek und Karmasin galten als neues Dreamteam. Heute scheint ihr Verhältnis angeknackst.

Wien. Eigentlich ging es nur um ein Randthema: Ein gemeinsamer Pressetermin vor wenigen Wochen schaffte es ob seiner Skurrilität vor einigen Wochen trotzdem ins Fernsehen. Die Ministerinnen Gabriele Heinisch-Hosek und Sophie Karmasin zankten sich sich vor laufender Kamera darüber, was die neuen digitalen Schulbücher können (sollen). „Na, jetzt nicht“, fiel Heinisch-Hosek ihrer Kollegin ins Wort, als diese es mit den Vorzügen der digitalen Versionen übertrieb. „Nein, nicht nur virtuell“, folgte von Karmasin, als die Bildungsministerin andachte, alle gedruckten Bücher abzulösen. Von gemeinsamer Arbeit war da einen Moment lang nichts zu spüren. Eher schon von einer gewissen Entfremdung.

Dabei war vor eineinhalb Jahren noch alles anders. Als Heinisch-Hosek und Karmasin gemeinsam ihre neuen Jobs in der Regierung antraten, galten sie schnell als Dreamteam. Sie wurden Chefverhandlerinnen in Sachen Frauen- und Familienpolitik. Nicht einmal die ideologischen Gräben zwischen SPÖ und ÖVP schienen sie aufzuhalten. „Ich habe das Gefühl, dass sie einen modernen familienpolitischen Weg einschlagen könnte“, sagte Heinisch-Hosek im „Falter“ über ihre neue Kollegin. „Sie ist sehr kompetent, sehr lösungsorientiert und hat eine angenehme Umgangsform“, gab Karmasin zurück.

Dass das Verhältnis inzwischen zumindest angeknackst ist, zeigen auch andere Begebenheiten: Als Karmasin ihrer Kollegin ausrichtete, dass sie mit der „Verstaatlichung“ der Sexualkunde nichts anfangen könne. Oder als sie ihr mitteilte, dass sie mit einer Erhöhung des Väteranteils beim Karenzgeld auf 33 Prozent nicht mit könne – und das, obwohl die beiden sich beim grundsätzlichen Ziel, mehr Väterbeteiligung, einig sind. So, wie prinzipiell in vielen anderen Dingen: Über Frauenquoten in der Wirtschaft könne man reden. Kinderbetreuungseinrichtungen müsse man ausbauen. Und Familie müsse nicht zwangsläufig aus Vater-Mutter-Kind bestehen. Wo ist dann also das Problem?
Es werden Erinnerungen an ein anderes selbsternanntes Reformduo wach: an Heinisch-Hoseks Vorgängerin Claudia Schmied (SPÖ) und die damalige Uni-Ministerin Beatrix Karl (ÖVP), die gerne die „Frauenpower“ am Minoritenplatz beschworen. Was Karl bisweilen besser gefiel, als ÖVP-Ideologien zu vertreten (Stichwort Gymnasium für alle). Bis ihre Partei das Spiel abdrehte und die Bildungsverhandlungen in die Hände Werner Amons gab. Von dem sie sich weniger Kuscheln und mehr ÖVP erwartete.

Zumindest zu einem Teil könnte sich das wiederholen. Karmasin wurde als parteilose Motivforscherin von der ÖVP geholt, um der Partei ein moderneres Frauen- und Familienbild zu verpassen. Das zuweilen etwas zu modern ausfällt. Ein Beispiel: die Forderung nach der Ausweitung des Diskriminierungsschutzes auf alle Lebensbereiche („Levelling up“) wurde von der ÖVP abgedreht. Gut möglich, dass die Partei ein wachsames Auge auf das Duo Heinisch-Hosek/Karmasin hat. Und sich dies auf die Beziehung auswirkt.

Kritik hinterlässt Spuren

Bisweilen hat es aber auch den Anschein, als würden die beiden schlicht nicht (mehr) so gut miteinander klarkommen: Heinisch-Hosek, die pragmatische Parteipolitikerin – Karmasin, die Quereinsteigerin. Heinisch-Hosek, die nach den diversen Pannen im Bildungsbereich unzugänglicher scheint. Karmasin, an der die ÖVP-interne Kritik nicht spurlos vorübergegangen sein dürfte.

Was bleibt, sind die gemeinsamen Ziele. Wie sie diese erreichen wollen, wird noch für Diskussionen sorgen. Auch schon in den kommenden Tagen: Nach dem Urlaub soll nämlich die Väterbeteiligung an der Karenz fixiert werden. Nur die Zukunft der elektronischen Schulbücher wird wohl in dieser Legislaturperiode nicht mehr geklärt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2015)

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