Alles beim Alten

Wenn einer vom Urlaub heimkommt, glaubt er, dass in seiner Abwesenheit eine Menge passiert sein muss, aber meistens ist alles beim Alten. Abgesehen vom Wasserrohrbruch.

Die Wälder sind grüner. Jedes Jahr ist das so, wenn wir die Grenze zu Österreich überqueren, ob mit dem Zug oder dem Auto: so saftig die Wiesen, so lauschig der Wald. Nicht schlecht! Irgendwie richtig klasse, versichern wir uns. Der Urlaub ist vorbei, das Meer liegt hinter uns, aber Österreich schaut wie frisch gestrichen aus.

Was ebenfalls schön ist: Die Frau an der Kassa der Autobahn-Raststätte spricht Kärntnerisch. Das klingt wunderbar, so weich und rund, es gibt kaum scharfe Konsonanten und kein verächtliches „ch“, dafür dehnt man hier mit Hingabe die Vokale und erfindet noch welche dazu. Es ist der italienischste Dialekt im deutschen Sprachraum. Und das, obwohl die Kärntner Italien gar nicht so mögen! „Do is' viel zu haaß“, sagt einer an der Tankstelle. „Durt foar i niama hin.“ „Oba letztes Joah hobn mia dort in ana wunderscheenen Villa gwohnt“, wendet sein Gegenüber ein. „A wos! In Italien haaßt bald wos Villa.“

Österreich. Das ist auch der Ort, wo mancher lieber zu Hause bleibt.

Wäsche waschen. Wenn einer heimkommt, dann glaubt er, dass in seiner Abwesenheit eine Menge passiert sein muss. Er checkt seine Mails, leert sein Postfach, vielleicht ruft er ein paar Freunde an. Aber Tatsache ist: Es passiert fast nie etwas. Zwei Wochen sind dafür auch zu kurz. Denn während wir auf Urlaub gewesen sind, ist für die anderen die Routine weitergegangen, die alle Tage gleichmacht und damit unsere Zeit verdehnt und gleichzeitig zusammenschnurren lässt, je nachdem, ob man mittendrin steckt oder an sie zurückdenkt.

Und darum ist hier alles beim Alten. Außer: Wir haben einen Wasserrohrbruch.


Die Katzen! Wenn einer heimkommt, ist viel zu tun. Die Wäsche muss gewaschen, der Kühlschrank gefüllt, das im Appartement vergessene Ladekabel nachgekauft werden. Die Verwandten warten auf Nachricht. Und die Katzen auf Streicheleinheiten. Sie sind diesmal schwerer zu versöhnen: Ich glaube, sie machen uns für die Hitzewelle verantwortlich. Schnurr schaut verwirrt drein und lässt sich erst von Marlene trösten.

Dass der Sommerurlaub vorbei ist, bedeutet auch: Der nächste Sommerurlaub ist ein Jahr entfernt. Noch macht das nichts, noch sind wir entspannt, was uns auch jeder sagen muss, das erwarten wir: „Erholt schaust du aus!“ Der Wasserrohrbruch ist lästig, aber kann behoben werden. Der Regentag: eine willkommene Abwechslung. Auch den ersten gröberen Stress im Büro beuteln wir am Abend noch ab. Den zweiten auch. Der dritte? Geht uns dann schon unter die Haut. Die ist dann auch wieder blasser.

bettina.eibel-steiner@diepresse.com

diepresse.com/amherd

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2015)

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