Leerstand: Mehr Kontrollen im Gemeindebau?

(c) Clemens Fabry
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Ein FP-Politiker soll eine Gemeindewohnung illegal weitervermietet haben. Der Fall – einer von vielen – löst wieder Forderungen nach genaueren Überprüfungen aus.

Wien. Es ist ein brisanter Brief, der dem niederösterreichischen FPÖ-Politiker Werner Cermak zugestellt wurde. „Wir haben den Antrag auf Aufkündigung des Mietverhältnisses vor Gericht eingebracht. Eine derartige Maßnahme erfolgt nur, wenn sich der Sachverhalt erhärtet“, fasst das Wiener Wohnressort den Inhalt des Schreibens zusammen. Anders formuliert: Cermak soll per Gerichtsbeschluss aus seiner Gemeindebauwohnung in der Dunantgasse (Wien-Floridsdorf) geworfen werden. Der Hintergrund sind schwere Vorwürfe gegen den FPÖ-Politiker. Er soll nach „Presse“-Informationen seit einiger Zeit seine sozial geförderte Wohnung, für die er monatlich 188 Euro bezahlt, illegal und überteuert um 500 Euro pro Monat weitervermietet haben – obwohl er sie sofort hätte zurückgeben müssen, sobald er nicht mehr dort wohnte.

Cermak will auf „Presse“-Anfragen keinen Kommentar zu dieser Causa abgeben – ebenso wie Wiener Wohnen, wo man sich „wegen des laufenden Verfahrens“ nicht äußert. Faktum ist aber: Das ist kein Einzelfall. Seit Jahren tauchen regelmäßig Gerüchte auf, wonach Gemeindebauwohnungen illegal untervermietet werden oder leer stehen – weil kein Mieter, der Jahre nach dem Einzug besser verdient und auszieht, die äußerst günstige Wohnung wieder hergeben will. Auch der „Presse“ sind Fälle bekannt, in denen Wohnungssuchenden eine Gemeindewohnung illegal angeboten wurde; mit der Begründung des offiziellen Mieters, man sei ausgezogen, werde eine derart günstige Wohnung aber sicher nicht zurückgeben. Durch die günstige Miete könne man es sich sogar leisten, die Wohnung leer stehen zu lassen.

200 Meldungen jährlich

Offiziell ist dieses Phänomen kein großes Problem. Laut Wohnressort gibt es jährlich rund 200 entsprechende Meldungen, denen nachgegangen werde. In etwa 25 Fällen würde bei Gericht die Kündigung des Mietvertrags eingereicht, „weil sich der Verdacht erhärtet hat“.

Das dürfte aber nur ein kleiner Ausschnitt der Realität sein. Immerhin gibt es 220.000 Gemeindewohnungen, aber keine regelmäßigen Kontrollen. Wiener Wohnen wird nur aktiv, wenn es entsprechende Meldungen von Bewohnern oder (falls vorhanden) Hausmeistern gibt.

Wenn sich lange Zeit die Briefe vor der Haustür stapeln und der Postkasten überquillt, deutet das auf einen illegalen Leerstand hin. Dann läutet ein Mitarbeiter von Wiener Wohnen an der Tür. Falls niemand angetroffen wird, wird der Mieter angeschrieben und um eine Erklärung gebeten. Immerhin kann es sein, dass er mehrere Monate im Ausland ist.

Gibt der ausgezogene Mieter der Post einen Nachsendeauftrag bzw. entfernt eine Reinigungsfirma oder der Mieter regelmäßig die Post vor der Wohnung, ist es schwierig, einen Leerstand zu erkennen. Und noch schwieriger wird es, wenn plötzlich ein neuer Bewohner in eine illegal untervermietete Wohnung einzieht. Nachdem Mieter ihre Gemeindewohnung innerhalb der Familie weitergeben dürfen, ist weder für Nachbarn noch für Hausmeister erkennbar, ob eine Wohnung illegal untervermietet wird. Verrät sich der Bewohner nicht selbst, ist es nahezu unmöglich, eine illegal untervermietete Wohnung zu erkennen.

Der aktuelle Fall heizt die politische Diskussionen über den Wiener Gemeindebau wieder an. „Das ist nur die Spitze des Eisberges. Es ist unvorstellbar, dass es bei 220.000 Gemeindewohnungen nur 25 Fälle gibt“, kritisiert ÖVP-Wohnbausprecher Norbert Walter den Fall des FPÖ-Politikers. Er fordert, dass das Einkommen der Mieter in gewissen Zeitabständen geprüft werden muss – wer mehr verdient, soll mehr Miete zahlen.

Auch die Wiener Neos-Chefin, Beate Meinl-Reisinger, fordert, dass „bei Übergabe von Gemeindewohnungen an nahe Verwandte nochmals eine Prüfung auf die soziale Bedürftigkeit erfolgen soll“.

Auf einen Blick

In Wien gibt es 220.000 Gemeindebauwohnungen, die sehr günstig sind. Viele Mieter lassen deshalb die Wohnung leer stehen, wenn sie nicht mehr gebraucht wird, oder vermieten sie weiter. Überprüfungen durch Wiener Wohnen sind sehr schwierig durchzuführen. Die ÖVP und die Neos fordern jetzt genauere Kontrollen der Bedürftigkeit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2015)

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