Schulen rüsten sich für die Flüchtlinge

(c) Clemens Fabry
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Etwa 5000 Flüchtlingskinder werden zu Schulbeginn erwartet. Die Bundesländer reagieren darauf mit eigenen Sprachklassen, dem Einsatz von Pensionisten und dem Ruf nach Geld.

Graz/Wien. In eineinhalb Wochen beginnt in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland die Schule – und zwar nicht nur für die heimischen Kinder im schulpflichtigen Alter, sondern auch für gerade erst zugewanderte Asylwerber. Die Pflicht trifft alle.

Wie viele Flüchtlinge ab 7. bzw. 14.September in Österreichs Schulen kommen werden, war lang völlig unklar. Erst jetzt spricht das Bildungsministerium mit Verweis auf das Innenressort von 5000 Kindern. In welchen Gemeinden bzw. Schulen die vorstellig werden, weiß noch niemand. Denn viele sind noch auf Quartiersuche. Die Landesschulräte versuchen sich trotz der anhaltenden Fluktuation vorzubereiten. Ein Überblick.

Wien

Die Bundeshauptstadt ist mit einer Idee vorgeprescht: Flüchtlingskinder werden hier sogenannte Neu-in-Wien-Kurse (als Klassen will der Stadtschulrat diese auf keinen Fall verstanden wissen) besuchen. Die Kinder werden also in Gruppen zusammengefasst, erhalten einen eigenen Stundenplan und lernen intensiv Deutsch. Der Kurs kann, muss aber nicht, an fünf Tagen pro Woche besucht werden. Die restliche Zeit wird in regulären Klassen verbracht. Entscheidend dafür sind die Deutschkenntnisse. Maximal darf dieser Kurs ein Jahr lang besucht werden. In eineinhalb Wochen werden die Kurse beginnen. Doch wie viele Kinder erscheinen werden, ist noch nicht klar – realistisch seien 350. Lehrer habe man dafür genug. Geplant ist, Personen aus der Erwachsenenbildung, Lehramtsstudenten und pensionierte Pädagogen einzusetzen.

Niederösterreich

Der Idee, pensionierte Pädagogen in Schulen einzusetzen, kann auch der niederösterreichische Landesschulratspräsident, Hermann Helm, einiges abgewinnen. Er kann sich sogar vorstellen, Ehrenamtliche hinzuzuziehen. Sie sollen abseits des regulären Unterrichts helfen. In Niederösterreich geht man davon aus, dass die Mehrheit der Kinder noch nicht im September, sondern verstärkt ab Oktober, wenn der Bund das Durchgriffsrecht durchsetzt, in die Schulen kommen.

Burgenland

Auch im Burgenland sind noch keine Zahlen bekannt. Ein besonderes Augenmerk wird man hier auf die Muttersprache der Kinder legen. Damit auch diese gefördert werden kann, sollen unter den erwachsenen Flüchtlingen Muttersprachlehrer gefunden werden.

Oberösterreich

Ähnliches plant man in Oberösterreich. Die Kindergartenpädagogen, Lehrer oder etwa Kunstprofessoren unter den Asylwerbern würde man gerne an den Schulen einsetzen. Ob Flüchtlinge in eigenen Kursen beschult werden sollen, entscheidet (wie in den meisten anderen Bundesländern) die Schule selbst. Derzeit weiß man von 250 Flüchtlingskindern. Man rechnet aber mit vielen mehr. Oberösterreichs Landesschulrat, Fritz Enzenhofer, plädiert deshalb für mehr Geld vom Bund. Denn: „Unsere Kinder sollen keinen Nachteil haben.“

Steiermark

„Genau wissen wir erst am ersten Schultag, wie viele Flüchtlinge kommen“, sagt auch die steirische Landesschulratspräsidentin, Elisabeth Meixner. Fix sei aber: „So geht sich das nicht aus.“ Neben Lehrern brauche es auch mehr Psychologen. Meixner hofft, dass die Bildungsministerin beim Treffen mit den Landesschulratspräsidenten am Dienstag eine finanzielle Zusage macht.

Vorarlberg

Vorarlberg setzt auf Role Models: Lehrer und Direktoren, die bereits Erfahrungen in der Betreuung von Flüchtlingskindern gesammelt haben, sollen andere unterstützen. Außerdem sollen eigene Fortbildungskurse entwickelt werden.

Tirol

In Tirol wird es im Herbst an allen Schulen eine Informationskampagne zum Thema Flüchtlinge geben. Traumatisierte Kinder will man mithilfe von zusätzlichen Lehrern und Schulpsychologen gezielt unterstützen. Der Haken dabei ist: Es braucht mehr Geld vom Bund.

Kärnten

Kärnten hat einen Leitfaden für die Aufnahme von Flüchtlingen an Schulen entwickelt. Extraklassen sind tabu. Der springende Punkt ist aber auch hier die Finanzierung.

Lediglich aus dem Salzburger Landesschulrat war am Mittwoch bis Redaktionsschluss keine Information zu bekommen.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2015)

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