Ministerin Mikl-Leitner steht vor dem Abgang nach St. Pölten

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Innenministerin weist Rücktrittspläne zurück. Sie könnte aber Pröll als Landeshauptmann beerben, wenn der als Bundespräsident kandidiert.

Nein, sie habe keine Sekunde daran gedacht, ihre Verantwortung abzugeben: Damit wischte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner am Donnerstag in der „ZiB 2“ sämtliche Spekulationen um einen etwaigen Rücktritt angesichts der Asylprobleme vom Tisch. Die Bestellung des früheren Raiffeisen-Generalanwalts Christian Konrad zum Flüchtlingskoordinator und der Umstand, dass die ÖVP-Ministerin zuletzt immer mehr zum Blitzableiter für die SPÖ beim Flüchtlingsthema geworden ist, hatten Spekulationen über bevorstehende Rochaden angeheizt.

Auf SPÖ-Seite wird fix damit gerechnet, dass es nach der Wiener Gemeinderatswahl am 11.Oktober zu Veränderungen im roten Regierungsteam kommen wird. Wie weitreichend diese sein werden, und ob zwei dramatische SPÖ-Wahlschlappen in Serie in Oberösterreich und zwei Wochen danach in Wien sogar Bundeskanzler Werner Faymann das Amt als Regierungschef kosten werden, wagt innerhalb der Sozialdemokratie derzeit niemand abzuschätzen. In ÖVP-Koalitionskreisen wird in mehreren Gesprächen mit der „Presse“ erwartet, dass es nach dem 11.Oktober ein politisches Erdbeben mit Erschütterungen in der Bundespolitik geben wird.

Mit Konrads Kür zum Flüchtlingsmanager in dieser Woche soll nach dem Kreuzfeuer der Kritik an der Regierung wegen der Asylmisere ein Neuanfang markiert werden. Mit der weithin bekannten Person des Ex-Raiffeisen-Bosses soll Mikl-Leitner etwas aus der Frontlinie genommen werden. Nach dem Massentod von Flüchtlingen auf der Ostautobahn steht die Ministerin aber erneut im Mittelpunkt.

Wenn ÖVP-Bundesparteiobmann Reinhold Mitterlehner mit der ÖVP-Spitze im Spätherbst dieses Jahres die Entscheidung über den ÖVP-Kandidaten für die Nachfolge von Bundespräsident Heinz Fischer bekannt geben wird, gilt folgendes Szenario derzeit als am wahrscheinlichsten: Niederösterreichs Langzeitlandeshauptmann Erwin Pröll wird ÖVP-Bewerber für die Hofburg bei der Wahl im Frühjahr 2016, er bleibt aber bis zur Wahlentscheidung in Niederösterreich im Amt, weil der Landeshauptmannposten eine gute Plattform bietet. Seine politische Ziehtochter in Niederösterreich, Mikl-Leitner, übernimmt dann in der ersten Jahreshälfte 2016 seine Nachfolge in St.Pölten. Sie würde damit den aufreibenden Job als Innenministerin, den sie seit April 2011 ausübt, ehrenvoll aufgeben.

Dabei gibt es zwei große Unsicherheitsfaktoren: Wird das rote Bundesregierungsteam nach der Wien-Wahl heuer im Herbst umgebildet, würde ein Wechsel auf ÖVP-Seite in den ersten Monaten 2016 den versuchten Neustart der rot-schwarzen Koalition zur Halbzeit der Legislaturperiode, die 2018 endet, stören. Außerdem ist Mikl-Leitner, Bundeschefin des ÖAAB, als Pröll-Nachfolgerin in St.Pölten für einen Teil der Landespartei keineswegs eine ausgemachte Sache. Der in Niederösterreich besonders starke Bauernbund verfügt mit Landesrat Stephan Pernkopf auch über einen Bewerber, dem das Format zugebilligt wird, Landeshauptmann oder Minister in der Regierung zu werden.

E-Mails an: karl.ettinger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2015)

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