Wien-Wahl: Rote Mediatoren sollen Stimmen für Häupl retten

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Die SPÖ hat vor drei Jahren unbemerkt begonnen, rote Bezirksräte zu Mediatoren auszubilden. Sie sollen Konflikte im Bezirk beseitigen, bei den Grünen wildern und am 11. Oktober Häupls Bezirkschefs den Rücken frei halten.

Wien. Im Herbst 2012 hat die SPÖ unbemerkt von der Öffentlichkeit ein Projekt gestartet, das sich drei Jahre später, konkret am 11. Oktober, bezahlt machen soll. Zumindest, wenn es nach dem Plan der SPÖ geht. Damals hatte die Bürgermeisterpartei auf Initiative von Ex-Stadtrat und jetzigem Klubchef Rudolf Schicker begonnen, eigene Bezirksräte zu vollwertigen Mediatoren ausbilden zu lassen.

Konflikte lösen für die Partei

Der Hintergrund: Nachdem es immer mehr Konflikte auf lokaler Ebene gibt, sollen die roten Mediatoren Probleme lösen, bevor sie eskalieren. Dadurch sollten die Bürger eingebunden und ihnen das Gefühl gegeben werden, dass sich die SPÖ um sie kümmert – was sich natürlich bei der Wien-Wahl niederschlagen wird, hoffen nicht wenige SPÖ-Funktionäre. Denn am 11. Oktober braucht die SPÖ, die in Umfragen (gegenüber 2010) rund zehn Prozentpunkte verloren hat, jede einzelne Stimme, um ein völliges Debakel noch abzuwenden.

Gleichzeitig sollen mit den Mediatoren Probleme im Bezirk gelöst werden – was dazu führt, dass den roten Bezirkschefs automatisch der Rücken frei gehalten wird. Denn ein gelöstes Problem fällt einem SPÖ-Bezirksvorsteher im Wahlkampf nicht auf den Kopf. Gleichzeitig ist das auch ein Versuch, eine rote Alternative zur grünen Parteichefin, Maria Vassilakou, zu schaffen, die seit ihrer Regierungsbeteiligung die Bezeichnung „Stadträtin für Bürgerbeteiligung“ trägt. Denn bis 2010 konnten die Grünen nahezu jede Bürgerinitiative unterstützen und dort die Stimmen einsammeln. Seit dem Regierungseintritt der Grünen müssen sie zahlreiche Projekte umsetzen, gegen die sie (gemeinsam mit Bürgerinitiativen) einst demonstriert haben.

Die Folge: Viele Bürgerinitiativen sind von den Grünen enttäuscht und haben sich von ihnen abgewandt. Und das sind Stimmen, die für die Wien-Wahl „auf dem Markt“ sind. Vor allem, wenn die roten Mediatoren auf SPÖ-Bezirksvorsteher einwirken, zum Wohle der Partei und des Wahlergebnisses bei umstrittenen Projekten so weit nachzugeben, dass die Bezirkskaiser damit noch leben können und die Bürger gleichzeitig zufriedener sind als zuvor.

Viele Stimmen „auf dem Markt“

Nur: Sind die Stimmen der Bürgerinitiativen, die sich von den Grünen abgewandt haben, für die Regierungspartei SPÖ überhaupt zu gewinnen? „Dass hoffe ich schon“, erklärt dazu Susanne Haase, Bezirksrätin in Ottakring. Sie ist eine von 15 SPÖ-Bezirksräten, die den rund zweijährigen Lehrgang für Mediation und Gemeinwesen absolviert hat. Sie ist wie ihre Kollegen in allen Bezirken unterwegs.

Wo die roten Mediatoren zum Einsatz kommen? Beispielsweise bei Umgestaltungen von Parks, oder Nutzungskonflikten, bei Flächenwidmungen, Straßengestaltungen oder Verkehrsberuhigungen. Projekte wie die Neugestaltung der Mariahilfer Straße oder der Umbau der Ottakringer Straße sind den roten Mediatoren aber eine Nummer zu groß, wie dort offen zugegeben wird.

Der Schönheitsfehler an dem roten Plan: Es ist schwer vorstellbar, dass streitbare Bürger, die auf lokaler Ebene gegen ein Projekt (meist eines roten Bezirksvorstehers) protestieren, einen Mediator, der auch SPÖ-Bezirksrat ist, akzeptieren. „Am Anfang ist immer diese Abwehrhaltung da“, erzählt Haase. Es gebe natürlich das Misstrauen, dass man als Mediator nicht neutral sei, sondern auf der Seite z. B. des Bezirksvorstehers stehe und die aufgebrachten Bürger nur besänftigen wolle, so Haase: „Allerdings lege sich das, wenn in einer Arbeitsgruppe begonnen wird, konkrete Lösungen für ein Problem zu finden – auch mithilfe von Magistratsdienststellen.“ Und diese Lösungen sollen am 11. Oktober Stimmen für Michael Häupl retten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2015)

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