Benachteiligung: Mütter stoßen auf Falle bei Pension

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Manche Frauen, die vor 2005 Kinder geboren haben, fallen um eine Leistung um. Die Grünen wollen diese Lücke schließen – und der Koalition im Parlament Beine machen.

Wien. Für manche Mütter, die zur Betreuung und Erziehung ihrer Kinder daheimgeblieben sind und nicht mehr berufstätig waren, kann es beim Pensionsantritt eine unliebsame Überraschung geben: empfindliche finanzielle Nachteile. Liegen nämlich nicht ausreichend Berufs- und damit 15 Beitragsjahre vor, verlieren sie den Anspruch auf eine eigene Pension.

Der Grund ist eine Art Zweiklassengesellschaft bei den Pensionen von Müttern: Kindererziehungszeiten werden seit dem Jahr 2005 als Beitragszeiten für die Pension angerechnet. Frauen, die jedoch vor 2005 (unter bestimmten Umständen sogar vor 2003) Kinder bekommen haben und nicht die notwendigen 15 Beitragsjahre aufweisen können, schauen bei der Pension durch die Finger. Im Extremfall kann das auch passieren, wenn eine Mutter gut 14 Jahre gearbeitet hat und ihr nur wenige Monate auf den Pensionsanspruch fehlen.

Antrag bei Sondersitzung

Die Grünen wollen das nun abstellen. Sie werden bei der Sondersitzung des Nationalrats heute, Dienstag, in der das Durchgriffsrecht des Innenministeriums bei Asylquartieren ausgeweitet wird, einen Antrag einbringen, um diese Falle bei den Pensionen von Müttern zu beseitigen. „Es ist wirklich eine absurde Regelung, diese Gesetzeslücke muss dringend repariert werden“, verlangt Judith Schwentner, die Sozialsprecherin der Grünen.

„Die Presse“ hat schon im Mai dieses Jahres über diese Gesetzeslücke berichtet. Damals hat der Sozialsprecher der ÖVP, August Wöginger, bereits Druck für eine Lösung angekündigt und keine Widerstände beim Koalitionspartner SPÖ gesehen. Noch ist aber eine Gesetzesreparatur ausständig. Für Schwentner ist unverständlich, dass gerade die ÖVP nicht mehr Eile an den Tag legt, weil die Volkspartei stets dafür eintritt, dass Mütter ihre Kinder auch daheim betreuen.

Allerdings gibt es weder von Koalitionsseite noch von den Grünen genaue Schätzungen, wie viele Frauen von dieser Falle betroffen sind. Jedenfalls mehren sich offenbar die Fälle. Das hat einen einfachen Grund: Viele Mütter, die nach 1955 geboren wurden, nähern sich nun ihrem Pensionsantritt. Die meisten von ihnen kommen erst dann drauf, dass sie wegen der Nichtanrechnung von Kinderzeiten um ihre Pensionsleistung umfallen könnten.

Hintergrund für die Zweiklassengesellschaft bei den Mütterpensionen ist die Pensionsreform des Jahres 2005: Seither werden Kinderbetreuungszeiten als Beitragszeiten angerechnet. Demnach können auf die für einen Pensionsanspruch notwendigen 15 Jahre bei Müttern bis zu acht Jahre an Kindererziehungszeiten einbezogen werden. Bei Kindern, die vor dem Jahr 2003 zur Welt gekommen sind, gibt es hingegen sogenannte Ersatzzeiten, bei denen das nicht mehr der Fall ist.

Kostengünstigere Variante

Für Schwentner ist das schlicht eine „Diskriminierung“ und eine „Schlechterstellung“. Das soll mit dem Antrag der Grünen korrigiert werden. Die Anrechnung von Kindererziehungszeiten nach dem seit 2005 geltenden Modell führt allerdings zu höheren Kosten, weil die Pension dadurch steigt. Um der rot-schwarzen Koalition keine Grundlage zu liefern, den Antrag aus Kostengründen abzulehnen, wollen die Grünen in einem ersten Schritt lediglich die Lücke schließen, damit der Pensionsanspruch erreicht wird.

Nach ihrem Antrag würden vorerst die Kinderziehungszeiten nur zum Auffüllen der Anspruchsberechtigung von 15 Jahren beziehungsweise 180 Monaten dienen, aber nicht zur Berechnung der Höhe der Pension herangezogen werden. Die Pension würde also beispielsweise von zehn Arbeitsjahren errechnet. Fünf Jahre, die als Kindererziehung angerechnet werden, würden dann dazu führen, dass Mütter, die vor 2003 Kinder geboren haben, überhaupt eine Pension erhalten. „Damit fällt die Ausrede der Regierung weg, das wäre dann zu teuer“, betont Schwentner.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2015)

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