Schwanger sind sie alle gleich, ob Frau, ob Mann

(c) By Richard Ling (Flickr) via Wikimedia Commons
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Seepferdchen-Männchen tragen Junge aus wie anderswo Weibchen. Im Großen und Ganzen läuft alles verblüffend parallel wie bei anderen Lebendgebärern ab.

Manche venezianische Gondel trägt ein Wappentier, das mit einem Pferdekopf beginnt und mit einem Fischschwanz endet: ein Hippocamp. Es ist natürlich ein Fabeltier, aber das nach ihm benannte echte Tier ist ein noch viel größeres Mirakel: Es legt keine Eier, sondern bringt lebende Junge zur Welt. Dies ist noch nichts Besonderes: Das Lebendgebären – Viviparie – wurde unter den Wirbeltieren mindestens 150 Mal erfunden, unter Fischen 23 Mal. Aber eine Familie geht weiter, die der Seenadeln, ihre bekanntesten Mitglieder sind die Seepferdchen: Bei ihnen tragen die Männchen die Brut aus.

Nahrung hinein, Müll hinaus

Zuvor wird gekost, tagelang, nach festem Ritual bis zum „wahren Balztanz“. Dabei legt das Weibchen dem Männchen die Eier – Dutzende bis Tausende – in eine Tasche am Bauch, dort ist das Sperma, dort nisten sich die Jungen ein, dort reifen sie zwei bis vier Wochen. In dieser Zeit läuft in der Tasche sehr viel exakt so wie in einem Uterus ab, Camilla Whittington (Sydney) hat die molekularen Details erkundet: Zunächst wird das Gewebe der Tasche umgebaut, dann geht es ans Ver- und Entsorgen, Ersteres etwa mit Fett: Dazu wird ein Transporter produziert – Apolipoprotein –, der sich auch bei Schwangeren vermehrt im Blut zeigt, das Gleiche gilt für Transporter etwa von Eisen. Im Gegenzug muss Müll entsorgt werden, CO2 und Stickstoff. Weiters müssen die Jungen ein Immunsystem bekommen und dürfen vom Immunsystem der schwangeren Väter nicht abgestoßen werden.

All dies läuft ähnlich wie bei anderen Lebendgebärern, bis hin zur Geburt: Bei Menschen wird sie durch Oxytocin eingeleitet, Fische haben das ganz ähnliche Isotocin. Natürlich haben die Seepferdchen Besonderheiten: Im Laufe ihrer Trächtigkeit passen sie das Milieu in den Taschen dem von Meerwasser an, aber im Großen und Ganzen läuft alles verblüffend parallel (Molecular Biology and Evolution 1.9.): „Unabhängig von der Art stellt eine Schwangerschaft komplexe Herausforderungen. Unsere Arbeit hat gezeigt, dass auch ganz fern verwandte Tiere ähnliche Gene verwenden, um gesunden Nachwuchs zu produzieren“, so Whittington.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2015)

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