Herbert Kickl: Provokateur im Dienste der FPÖ

(c) AP (Kerstin Joensson)
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Wie Herbert Kickl den Freiheitlichen gezielt Aufmerksamkeit verschafft. Je mehr Widerstand aus dem politischen Establishment der FPÖ entgegenschlägt, desto mehr nützt es ihr bei ihren Anhängern.

Wien. Herbert Kickl ist unbeeindruckt. Bischöfe, Äbte, der Caritas-Direktor und prominente katholische Laien laufen Sturm gegen den EU-Wahlkampf der Freiheitlichen Partei. Slogans wie „Abendland in Christenhand“ stoßen ebenso auf breite Ablehnung wie die Aktion von Heinz-Christian Strache, der bei der Kundgebung gegen den Ausbau eines muslimischen Veranstaltungszentrums demonstrativ ein Kreuz vor sich hergetragen hat.

Kickl ist als FPÖ-Generalsekretär der Mastermind hinter der freiheitlichen Strategie. Und er sieht keinen Grund, diese zu ändern. „Wir haben es hier mit einer bewussten Fehlinterpretation zu tun“, sagt Kickl zur „Presse“. Das Kreuz sei nicht als Kampfsymbol gewählt worden, sondern als Zeichen des Christentums insgesamt. Und das dürfe eben nicht nur von katholischen Amtsträgern verwendet werden. Die jetzigen Proteste seien eine Wiederholung politischer Mechanismen: „Wenn die FPÖ zu stark wird, schwingt man die Faschismuskeule.“

Das freilich kann auch der Sinn der Sache gewesen sein. Nichts hat der FPÖ in der Vergangenheit so genützt wie das Schwingen der „Faschismuskeule“. Je mehr Widerstand aus dem politischen Establishment der FPÖ entgegenschlägt, desto mehr Aufmerksamkeit für die Partei, desto mehr nützt es ihr bei ihren Anhängern.

Herbert Kickl kennt sich gut aus mit diesem Spiel mit der gezielten Provokation. Schon zu Zeiten, als noch Jörg Haider in der FPÖ dominierte, war er damit befasst. Manches, was er damals als Haiders Gag- und Redenschreiber verfasst hat, ist berühmt geworden: Die Bezeichnung „Westentaschen-Napoleon“ für den damaligen französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac beispielsweise.

Oder die Attacke gegen den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant. „Wie kann einer, der Ariel heißt, so viel Dreck am Stecken haben?“, fragte Haider bei einer seiner berüchtigten Aschermittwochsreden. Muzicant revanchierte sich Jahre später in einem Interview mit der „Presse am Sonntag“: Wenn er Kickl höre, „erinnert mich dieses Gehetze und die Sprache an Joseph Goebbels“.

Gemeint damit: Wahlkampfslogans wie „Daham statt Islam“, „Pummerin statt Muezzin“ oder jetzt das aktuelle „Abendland in Christenhand“ – samt Warnung vor einem EU-Beitritt Israels, der nirgendwo zur Debatte steht. Eine Aussage, die offensichtlich nur auf antisemitische Reflexe abzielt.

Am Freitag gingen die Proteste von Kirchenkreisen gegen die FPÖ-Wahlkampflinie weiter. Caritas-Direktor Michael Landau sprach von einem „Kreuzzug“. „Die parteipolitische Angstmache, die Hetze und der Missbrauch christlicher Symbole sind völlig inakzeptabel und menschenverachtend.“ Der evangelische Bischof Michael Bünker meinte, Strache besitze nicht die Legitimation, für religiöse Anliegen zu sprechen. Auch Innsbrucks Diözesanbischof Manfred Scheuer wehrt sich gegen eine Instrumentalisierung des Glaubens.

Strache: „Einmaliger“ Auftritt

Gegen die FPÖ-Kampagne hat zudem eine Gruppe prominenter Katholiken protestiert. Sie appellierten an die Christen der verschiedenen Konfessionen, „sich mit aller Kraft gegen eine Gewöhnung an eine Sprache und Politik des Hasses gegen ,die Anderen‘ einzusetzen“. Getragen wird der Aufruf neben anderen von Paul Schulmeister, Mitbegründer der Plattform Christen und Muslime, und Luitgard Derschmidt, Präsidentin der Katholischen Aktion.

Strache scheint von den massiven Reaktionen zumindest teilweise beeindruckt zu sein. In Graz sagte er bei einer Pressekonferenz am Freitag, es sei ein „einmaliger“ Auftritt mit dem Kreuz gewesen.

AUF EINEN BLICK

Herbert Kickl (40) studierte Philosophie. Er war Jörg Haiders Redenschreiber und Leiter der FPÖ-Parteiakademie. Seit 2005, seit der Abspaltung des BZÖ, ist er FPÖ-Generalsekretär.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2009)

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