Familienbeihilfe noch Jahre später ins Ausland

INTERVIEW: BM SOPHIE KARMASIN
INTERVIEW: BM SOPHIE KARMASIN(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Kosten von fast einer Viertelmilliarde Euro entstehen, weil Überweisungen auch lang im Nachhinein erfolgen können. Die FPÖ verstärkt jetzt den Druck auf die Regierung, den „Export“ der Beihilfen einzubremsen.

Wien. „Presse“-Leser sind besonders aufmerksam. So mancher zeigte sich daher verwundert, als er in der Donnerstagausgabe die Angaben des Finanzministeriums über die Kosten des Staates für Familienbeihilfen für Kinder jenseits der Staatsgrenze sah. Wie kann es sein, dass Österreich bei knapp 25.000 Kindern immerhin eine knappe Viertelmilliarde Euro, im Vorjahr waren es in Summe 223,1 Millionen Euro, ins Ausland überweist? Dieser vom Finanzressort angeführte Betrag für 2014 stimmt, die Kinderzahl mit 24.498 ebenfalls. Des Rätsels Lösung: In diesen Gesamtbetrag für das vergangene Jahr ist auch eingerechnet, dass Familienbeihilfen für Kinder nach der Beantragung noch bis zu fünf Jahre im Nachhinein ausbezahlt werden können, wie der „Presse“ im Familienministerium von Ressortchefin Sophie Karmasin erläutert wird.

Erst durch diese Nachzahlungen noch Jahre später kommt für 2014 diese stattliche Summe an überwiesenen Familienbeihilfen zusammen. Es werden also für Kinder im Ausland keine höheren Beihilfen überwiesen. Die Kosten für die laufenden Familienbeihilfen für Mädchen und Burschen jenseits der österreichischen Staatsgrenze machten im vergangenen Jahr davon nur gut ein Viertel, nämlich rund 60 Millionen Euro, aus, im Jahr 2013 waren es 50 Millionen. Der Großteil entfällt hingegen tatsächlich auf fällige Nachzahlungen für die jeweils davor liegenden fünf Jahre.

Prüfung vor Überweisung

Der Grund dafür: Gar nicht so wenige ausländische Beschäftigte und Eltern erfahren erst verspätet an ihrer Arbeitsstätte durch Kollegen oder durch Freunde davon, dass Familienbeihilfe für die im jeweiligen Heimatland lebenden Kindern bezahlt wird. Die Abwicklung ist dann relativ zeitaufwendig. Denn die österreichischen Behörden prüfen über die jeweilige Administration im Heimatland – beispielsweise über die Standesämter – nach, ob es die angegebenen Kinder tatsächlich gibt, um Missbräuche zu verhindern. Wo diese Bestätigungen eingeholt werden, ist laut Familienressort von Herkunftsland zu Herkunftsland unterschiedlich. Jedenfalls muss im Zuge dieser Überprüfung unter anderem mittels Geburtsurkunden die Existenz des angegebenen Kindes bestätigt werden.

Die von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) genannten Daten finden sich in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der FPÖ. Jedes Regierungsmitglied wird sich hüten, in einer solchen offiziellen Auskunft an Abgeordnete und das Parlament wissentlich falsche Angaben zu machen. Die Liste nach Ländern geordnet wurde im vergangenen Jahr wie auch 2013 von Überweisungen für in Ungarn lebende Kinder angeführt. Für Kinder in diesem Nachbarland machte Österreich, wie berichtet, im Vorjahr rund 72 Millionen Euro locker, dahinter folgt die Slowakei mit knapp 50 Millionen Euro.

Das Finanzministerium hat auf Wunsch der FPÖ in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage aber noch weitere detaillierte Angaben gemacht. Demnach kommen nach der Summe der Auszahlungen betrachtet die meisten anspruchsberechtigten Eltern, deren Kinder im Ausland leben, aus Niederösterreich. Für in Niederösterreich lebende Ausländer wurden damit im vergangenen Jahr 53,8 Millionen Euro für Kinder im Ausland überwiesen.

Ausländer im Burgenland auf Rang drei

Dahinter folgt Wien mit 44,6 Millionen Euro. Schon an dritter Stelle rangiert aber das Burgenland mit knapp 38,3 Millionen Euro, dahinter die Steiermark mit 30,5 Millionen Euro sowie Oberösterreich mit 26,9 Mio.

Die FPÖ erhöht nun den Druck auf die rot-schwarze Bundesregierung wegen einer Neuregelung, dieser „Export“ der Familienbeihilfe müsse gestoppt werden. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl beklagte am Freitag, dass der „Ausgleich“ in der EU „ausschließlich zulasten der Österreicher“ gehe. Es solle bei der Auszahlung das Herkunftslandprinzip zum Tragen kommen, die Höhe der Familienbeihilfe solle sich nach den Lebenshaltungskosten für das Kind im jeweiligen Heimatland richten. Die FPÖ wird daher einen entsprechenden Antrag neuerlich im Parlament einbringen.

In der Regierung beschäftigt sich seit Juni dieses Jahres eine Arbeitsgruppe mit mehreren Ministerien – bisher noch ohne Ergebnis – mit einer eventuellen Einschränkung der Sozialleistungen, die Österreich ins EU-Ausland zahlt. Dabei stehen die Familienbeihilfen im Zentrum. Eine völlige Abschaffung ist ausgeschlossen. (ett).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2015)

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