Flüchtlinge: Wirtschaftskammer gegen „Wucher-Taxis“

AUSTRIA MIGRATION REFUGEES CRISIS
AUSTRIA MIGRATION REFUGEES CRISIS(c) APA/EPA/HERBERT P. OCZERET (HERBERT P. OCZERET)
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Manche Taxis transportierten Flüchtlinge überteuert. Die Wirtschaftskammer zieht Konsequenzen.

Wien. Der Taxiunternehmer und Spartenobmann der Wirtschaftskammer Wien (WKW) Gökhan Keskin ist auf seine Leute sauer. Der Grund: Etliche Taxifahrer versuchten, Profit aus der Situation der Flüchtlinge im Burgenland zu schlagen. Beim „Presse“-Lokalaugenschein standen Dutzende Taxler mit Kennzeichen Wien – aber auch aus Tschechien – beim Ausgang der Sammelstelle und boten ihre Dienste zu Wucherpreisen an. „Gib mir 600 Euro, und ich bringe euch zum Bahnhof zu den Zügen direkt nach Deutschland“, sagte einer zu einer Familie. Auch Preise von mehreren tausend Euro sollen verlangt worden sein, berichten Flüchtlinge. Auf Nachfrage bei einem Taxler, warum er so viel verlange, sagte er: „Ich bin ja nicht die Caritas.“

„Erstens ist es eine Sauerei, von diesen Menschen überhaupt Geld zu verlangen, zweitens kostet eine Fahrt höchstens 130 Euro“, sagt Keskin und kündigt Konsequenzen an. Man habe an den vergangenen Tagen vor Ort kontrolliert, etliche angezeigt, bei manchen wolle man auch einen Lizenzverlust erwirken. Die WKW arbeite eng mit der Exekutive zusammen.

Das Verhalten der Fahrer ist für Keskin vor allem deswegen bitter, weil es tatsächlich Dutzende Taxifahrer gibt, die große Hilfsbereitschaft gezeigt haben. Sie holten Menschen gratis von Nickelsdorf ab und halfen beim Übersiedeln in die Quartiere in Wien. „Wir haben eine Einsatzzentrale eingerichtet“, sagt Keskin. Hier können sich die Fahrer melden, sie werden nur nach Nickelsdorf geschickt, wenn es eine konkrete Ankunftsadresse in Wien gibt. „Wir wollen kein Chaos verursachen und unkontrolliert Leute herumfahren, sondern beim Transport helfen“, sagt Keskin.

Chaos am Westbahnhof

Weil sich etliche aber nicht an diese Spielregeln gehalten haben, kam es Dienstagnacht dazu, dass die Bahnhöfe rund um Wien völlig überfüllt waren und geräumt werden mussten. Allein am Westbahnhof waren zu Spitzenzeiten rund 5000 Personen, die dann in andere Quartiere übersiedelt werden mussten. Die Polizei sowie das Rote Kreuz riefen Taxifahrer und Privatpersonen auf, den individuellen Transport einzustellen und keine Menschen mehr herzubringen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2015)

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