Wie viel Bad News verträgt die österreichische Gastfreundschaft?

Berichte über Zwischenfälle mit Flüchtlingen könnten das öffentliche Klima stören. Ein prominenter Asylhausbetreiber stand nun vor der Entscheidung – und wählte Transparenz.

Bad Gastein. Manche Belastungsproben, die unmittelbar mit dem aktuellen Flüchtlingsstrom in Verbindung stehen, stehen Österreich noch bevor. Der prominente Hotelier Sepp Schellhorn lernt gerade, wie diese Herausforderungen im Kleinen aussehen. Ihm, der Anfang Juni 35 Asylwerber aus einer überfüllten Zeltstadt in sein privates Quartier im Gasteiner Tal geholt hat, stellte sich am Donnerstag die Frage, wie er gegenüber der Öffentlichkeit mit einem Einsatz der Sonderheit „Cobra“ in seiner Unterkunft umgehen soll. Immerhin war die Initiative von Anfang an – auch von Lokalpolitikern – angefeindet worden. Mit einem Mal drohte die Stimmung, die innerhalb der Bevölkerung langsam von Ablehnung auf Anerkennung dreht, wieder zu kippen. Was also tun?

Schellhorn und sein Personalchef Jakob Hintersteininger, der das Haus mit den Asylwerbern im Gasteiner Ortsteil Badbruck organisiert, entschieden sich für aktive Kommunikation. „Bevor sich Stimmungsmacher ihre eigenen Geschichten dazu ausdenken, nennen wir die unschönen Dinge lieber selbst beim Namen“, sagt Hintersteiniger.

Abgespielt haben sich die Szenen am Mittwochnachmittag vor den Augen zahlreicher Nachbarn und mehrerer Kinder aus dem Kindergarten gegenüber. Einer von zwei des Hauses verwiesenen Pakistani hatte sich mit einem Messer am Balkon verschanzt und gedroht, sich selbst zu töten. Beide erhielten wenige Minuten zuvor von Hintersteininger die Information, dass sie das Haus verlassen, und sich bei der Caritas in Salzburg melden müssten. Hintergrund: Die Betroffenen hatten nicht zum Haus gehörige Personen unerlaubter Weise bei sich übernachten und ihr Apartment verwahrlosen lassen. Beides widerspricht ausdrücklich der Hausordnung. Nach mehreren Verwarnungen und der steigenden Unruhe unter den anderen Bewohnern, folgte der Verweis.

Auch Polizei für Offenheit

Bereits kurze Zeit nach dem „Cobra“-Einsatz tauchten im Internet die ersten Einträge auf, die den Vorfall als typisch für Asylwerber und eben solche Projekte darstellten.

Die aktuelle Migrationswelle stellt, verursacht durch objektiv vorhandene und zum Teil große kulturelle Unterschiede, die Mehrheitsgesellschaft vor Herausforderungen. Die öffentliche Meinung dazu pendelt zwischen bedingungsloser Hilfsbereitschaft über berechtigte Skepsis bis hin zu menschenverachtender Ablehnung und Hetze. Dieses empfindliche Gleichgewicht der öffentlichen Ruhe kann durch das Bekanntwerden – z. B. spektakulärer Straftaten – gestört werden. Auch im Innenministerium spielt man deshalb gedanklich durch, wie man damit umgehen würde. Mit dem immer gleichen Ergebnis: Tatsachen nicht unterdrücken, sachlich bleiben, keine Zusammenhänge herstellen, die es nicht gibt. Das sei, sagen Führungskräfte des Hauses, vor 10 bis 15 Jahren noch nicht so gewesen.

Zwar haben Statistiken zu Straftaten wenig mit aus dem Ruder gelaufenen Delogierungen zu tun. Dennoch zeigen die Datenanalysen der vergangenen Jahre, dass die aktuell starke Zuwanderung zumindest die Struktur der Tatverdächtigen nicht signifikant verändert hat. Seit 2004 bewegt sich der Anteil der Asylwerber unter ausländischen Straftätern zwischen 5,5 (Jahr 2006) und 3 Prozent (2011). Im ersten Halbjahr 2015 waren es – wie 2006 – wieder 5,5.

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