Faymann: Fünf Mrd. Euro für Nothilfe

Bundeskanzler Werner Faymann
Bundeskanzler Werner FaymannREUTERS
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Gipfel in Wien. Bei einem Treffen führender europäischer Sozialdemokraten schlug der Kanzler Soforthilfe für die Flüchtlingslager in den Nachbarländern Syriens vor.

Wien. Die letztlich abgesagte Stippvisite in den Laboren des Vienna Biocenter sollte Innovation signalisieren, und überhaupt sollte sich das Treffen führender europäischer Sozialdemokraten auf Einladung Werner Faymanns am Wochenende in Wien um neue Akzente in der Wirtschafts- und Finanzpolitik drehen – als Gegengewicht zum Sparkurs Angela Merkels und Wolfgang Schäubles in der Griechenland-Krise. Die Wiederbelebung der Achse Stockholm–Berlin–Wien–Paris sollte an die sozialdemokratische Ära der 1970er- und 1980er-Jahre anknüpfen, an die Generation Brandt, Palme, Mitterrand, Kreisky.
Doch die Flüchtlingskrise hielt den Bundeskanzler und seine Gäste, die Premierminister Stefan Löfven und Manuel Valls aus Schweden und Frankreich, SPD-Chef Sigmar Gabriel und EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz, so sehr auf Trab, dass sich die arbeits- und sozialpolitische Agenda völlig überlagerte. Die hektische Krisendiplomatie der vergangenen Wochen gipfelte in Wien in einem Appell an die Solidarität innerhalb der EU und der konkreten Forderung nach einem Soforthilfepaket von fünf Milliarden Euro für die Flüchtlingslager in den Nachbarländern Syriens. Die EU, die USA und die Golfstaaten sollen je für ein Drittel der Finanzhilfe aufkommen, so der Plan Faymanns, der den Vorstoß wenige Tage vor dem EU-Sondergipfel in Brüssel und dem UN-Flüchtlingsgipfel in New York lancierte. Angesichts der Blockade bei den Flüchtlingsquoten innerhalb der EU soll die Forderung den Handlungsdruck erhöhen.

„Europa geht vor die Hunde“

Mit Besuchen in Berlin, Zagreb und Ljubljana hatte Faymann in dieser Woche einen Anlauf für eine verstärkte Kooperation unternommen. An Appellen und Warnungen seiner hochrangigen sozialdemokratischen Parteifreunde hat es im Vorfeld des Wiener Treffens nicht gefehlt. In mehreren Interviews, insbesondere in der „Bild“-Zeitung, preschte Gabriel vor. „Entweder die Europäer kommen zur Vernunft, oder Europa geht vor die Hunde“, mahnte der deutsche Vizekanzler. Den neuen Mitgliedstaaten in Mittel- und Osteuropa drohte er: „Wer unsere Werte nicht teilt, kann auf Dauer auch nicht auf unser Geld hoffen.“ Die Flüchtlingskrise sei für Europa eine größere Gefahr als die Finanzkrise. Löfven sprach von einer „Verantwortungskrise“.
In eine ähnliche Kerbe schlug auch Schulz, der zum wiederholten Male vor einem Zerfall der Union warnte. Das Klima sei durch überwunden geglaubte Stereotype vergiftet, meinte er. „Das ist die Zustandsbeschreibung der EU 2015.“ Das EU-Parlament hatte bereits am Donnerstag in einer eilig beschlossenen Abstimmung für die von der Kommission vorgeschlagene Verteilung von 120.000 Flüchtlingen aus Italien, Griechenland und Ungarn votiert. Nun sind die Regierungen an der Reihe.
Zumindest beim Treffen der Sozialdemokraten in Wien waren sich alle Teilnehmer über die Notwendigkeit eines verpflichtenden Verteilungsschlüssels einig. (vier/aga)

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