Schelling: Flüchtlingskosten von Deutschland abhängig

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP)
Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) Die Presse
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Österreichs Budget für die Grundversorgung von Asylwerbern werde 2015 "deutlich überzogen", sagt der Finanzminister. Die Kostenschätzung von Fiskalratspräsident Felderer kann er "nicht nachvollziehen".

Österreichs Budget für die Grundversorgung von Flüchtlinge wird heuer "deutlich überzogen", sagte Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) am Freitag in Wien nach einem Arbeitstreffen mit dem Vizepräsidenten der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis. Man habe daher für das nächste Jahr die geplanten 220 Millionen Euro für die Grundversorgung aufgestockt auf 420 Millionen  Euro, so Schelling.

Darüber hinaus seien im Budget 70 Millionen Euro für den Arbeitsmarkt vorgesehen. Diese 70 Millionen Euro stammen aus einem Topf des AMS mit 250 Millionen Euro, die bisher für die Förderung älterer Arbeitnehmer zweckgewidmet sind. "Und ich habe hier im Haus einen Fonds geschaffen mit 75 Millionen Euro für zusätzliche Integrationsmaßnahmen, vom Deutschkurs bis zu anderen Dingen", rechnete  der Finanzminister vor. "Wir rechnen damit, dass die Folgekosten in den Jahren '17 und darauf möglicherweise nicht mehr so stark durch den Flüchtlingsstrom determiniert sind sondern durch die Integrationskosten", so Schelling. 

Und weiter: "Wir rechnen für heuer, dass wir auf ca. 80.000 Flüchtlinge kommen, und wir rechnen damit, dass nächste Jahr die Zahl relativ stabil sein kann - kann aber natürlich auch durchaus noch etwas höher werden."

Die Regierung habe deshalb festgelegt, kurzfristig zu reagieren, wenn man "durch einen überhöhten Zulauf von Flüchtlingen" mit den angesetzten Budgetmitteln nicht auskomme. Das hänge stark davon ab, wie die anderen Länder - insbesondere Deutschland - reagieren werden. "Wir haben daher auch mit dem Herrn Vizepräsidenten besprochen, dass wir keinen Antrag stellen werden, dass wir nachhaltig die Kosten für die Flüchtlinge aus dem strukturellen Defizit haben wollen, sondern nur für das Jahr 2016, bis das sozusagen wieder in einen normalen Lauf kommt."

Grüne: Kam Geheimpapier vom Außenamt?

Man habe die Kostenschätzungen nach Gespräche mit dem Außen- und dem Innenministerium vorgenommen und werde die Details im Oktober in der Budgetrede vorstellen, sagte Schelling.

Die Grünen verdächtigen derweil das Außenministerium,  die "undichte Stelle" für ein an Ö1 gelangtes Geheimpapier über milliardenschwere Flüchtlingskosten zu sein. Am Freitag richteten sie deshalb eine schriftliche Anfrage an Ressortchef Sebastian Kurz (ÖVP), in der sie ihn mit dem Vorwurf konfrontierten. Laut diesem Papier sollen die Kosten zur Bewältigung der Flüchtlingsströme und der Versorgung von Asylwerbern von 2016 bis 2019 bei insgesamt 6,5 Milliarden Euro liegen. Rechnet man den Familiennachzug ein, sollen die Kosten sogar auf 12,3 Mrd. Euro steigen.

Dombrovskis bekräftigte, dass sämtliche Ausgaben für die Flüchtlinge im Budget enthalten sein müssten. Die Frage sei, welche Konsequenzen die EU-Kommission daraus ziehen werde, ob man also Verfahren einleiten werde oder die höheren Ausgaben als einmalige Belastungen betrachte. "Es handelt sich nicht nur um eine humanitäre Krise, sondern sie hat auch budgetäre Auswirkungen", so Dombrovskis, und die EU-Kommission suche jetzt nach Wegen, wie man damit umgehen soll. Schelling ergänzte: "Wir werden der Kommission in den nächsten Tagen eine ganz genaue Aufstellung der zusätzlichen Kosten übermitteln."

Die Schätzung des Fiskalratspräsidenten Bernhard Felderer, der die Kosten für 80.000 Flüchtlinge mit bis zu 1,2 Milliarden Euro beziffert hat, kann der Finanzminister nicht nachvollziehen. "Das hängt immer davon ab, was rechnet man hinein - Gesundheitskosten, Mindestsicherung usw. - für die das Budget ja zum Teil gar nicht zuständig ist", denn die Mindestsicherung sei Ländersache.

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(APA)

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