Steiermark: Nun eine ganz gewöhnliche Koalition

(c) APA/ERWIN SCHERIAU
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Hermann Schützenhöfer spielt die Rolle des Landesvaters, Vize Michael Schickhofer möchte sich profilieren.
Die Zeiten des Gleichschritts wie in der Ära Voves sind passé. Und trotz der vielen Reformen braucht es neuer Einsparungen.

Wien/Graz. Vorbei die Zeiten, als zwischen Landeshauptmann und Vize kein Blatt Papier passte. Außer einem gemeinsamen Reformpapier. Vorbei die Zeiten, als die „Reformpanther“ aus dem Süden in Wiener Kreisen für ihren Reformmut bewundert (und auf der anderen Seite des Semmerings vom Wähler brutal abgestraft) wurden. In Graz ist ein paar Monate nach der Landtagswahl Normalität eingekehrt. Fast so, als gäbe es in der Steiermark nun das, was es in den meisten Bundesländern immer schon gab: eine ganz gewöhnliche Koalition.
Wobei, ganz so gewöhnlich ist die Koalition dann auch wieder nicht. Führt doch der Juniorpartner, die ÖVP mit Hermann Schützenhöfer als Landeshauptmannpartei, die Regierung an. Ein Abschiedsgeschenk des scheidenden Franz Voves für die langjährige Treue seines Regierungspartners. Der neue rote Vize-Landeshauptmann, Michael Schickhofer, wurde ebenfalls von Voves auf den roten Thron gehoben. Er ist sichtlich um Profilierung bemüht, will zeigen, dass er mit 35 Jahren der jüngere, der agilere Part gegenüber dem 63-jährigen ÖVP-Chef ist. Schützenhöfer gefällt sich hingegen in der Rolle des routinierten Landeschefs. Die Zusammenarbeit funktioniert, doch es ist nicht mehr wie bei Voves und Schützenhöfer, die nicht nur fast gleich alt waren, sondern auch gleich tickten.
Zu tun gibt es genug. Kaum war die neue Regierung im Amt, wurde das Land schon durch die Amokfahrt von Graz erschüttert. Auch die Flüchtlingskrise hat spätestens durch die neue Route an Ungarn vorbei die Steiermark erreicht. Dabei war schon der Wahlerfolg der FPÖ bei den Landtagswahlen am 31. Mai zu einem Großteil auf das Asylthema zurückzuführen.

Blaue Gewinner als Verlierer

Plus 16 Prozentpunkte machten die Blauen mit Spitzenkandidat Mario Kunasek und stiegen auf 26,7 Prozent. Während SPÖ und ÖVP jeweils rund neun Prozent verloren. Die Roten blieben prozentmäßig zwar knapp vor den Schwarzen (29,3 zu 28,5 Prozent), doch Voves überließ Schützenhöfer das Ruder. Die FPÖ als großer Sieger der Wahl ist nun der große Verlierer. Da die Steiermark das Proporzsystem (jede Partei ab einer gewissen Stärke ist automatisch in der Regierung vertreten) abschaffte, fanden sich die Blauen in der Opposition wieder.
Wer glaubt, mit den vielen Reformen der Vorgängerregierung (unter anderem Zusammenlegung von Gemeinden und Bezirken) seien alle Sparzwänge aus der Welt, der irrt. Allein für das steirische Budget 2016 fehlen rund 400 Millionen Euro. Das Budgetloch werde schon allein, weil es jetzt schnell gehen muss, mit eher konventionellen Einsparungen gestopft, sagen Insider. Auch die Budgetjahre 2016 und 2017 werden ambitioniert. Klar ist: Noch mal so große Reformen wie in der vergangenen Legislaturperiode sind nicht zu erwarten. So oft kann man Gemeinden nun einmal nicht zusammenlegen.
Die Koalition mit der ÖVP klappe ganz gut, hört man aus der roten Reichshälfte. Doch liegt der Verlust des Landeshauptmannsessels noch im Magen. Nicht umsonst versucht Schickhofer, der ohne große innerparteiliche Hausmacht ins Amt kam, sich zu profilieren.

Roter Flirt mit Blauen

Und zwar als derjenige, der werkt, der als Verantwortlicher für die Finanzen an Details tüftelt. Während Schützenhöfer sich als Landeshauptmann aufs Repräsentieren konzentriere, wie Schickhofer schon stichelte. Er will den Landeshauptmannsessel für die SPÖ zurückholen. Und es könnte ja auch leicht sein, dass Schützenhöfer bei der Wahl 2020 nicht mehr antritt.
Auch Flirts mit den Blauen werden immer wieder in den Raum gestellt. Schickhofer hat angedeutet, nach der nächsten Wahl alle Optionen prüfen zu wollen. Von einem Koalitionswechsel in dieser Legislaturperiode will man in der SPÖ nichts wissen. So wie auch die ÖVP-Seite nicht müde wird zu dementieren, dass man nach der Wahl mit Schwarz-Blau geliebäugelt – und so der SPÖ den Landeshauptmannsessel abgeluchst habe. Jedoch: Gerade in der Steiermark pflegen sowohl ÖVP als auch SPÖ traditionell ein entspannteres Verhältnis zu den Freiheitlichen als in anderen Ländern. Alles ist möglich.

„Phantomschmerz“ bei SPÖ

Man könne nach der kurzen Zeit allerdings „noch nicht alle Rückschlüsse ziehen“, sagt Christopher Drexler (ÖVP), der schon in der Regierung Voves/Schützenhöfer Gesundheitslandesrat war. Es gebe aber „einen neuen Spirit, eine gute Zusammenarbeit, die sich entwickeln wird“. Und Schützenhöfer sei als langjähriger Vize ohnedies so gut wie kaum je ein anderer Politiker auf das Amt des Landeshauptmanns vorbereitet gewesen. Die SPÖ hingegen habe sich größtenteils damit abgefunden, dass sie nicht mehr den Landeshauptmann stellt. Nachsatz: „Es wäre aber naiv zu glauben, dass nicht einige in der SPÖ noch unter einem Phantomschmerz leiden.“
Franz Voves soll es gut gehen. Er verbringt Zeit mit seinen Enkelkindern und züchtet Rosen. Schützenhöfer hat erklärt, ihn für einen Ehrenring vorschlagen zu wollen.

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