Dienstrecht: Sechste Urlaubswoche ist ein Beamtenprivileg

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Symbolbild.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Für die Privatwirtschaft hat Vizekanzler Mitterlehner eine Ausweitung des Anspruchs für alle nach 25 Arbeitsjahren vorerst abgesagt. Im Bundesdienst gilt die sechste Urlaubswoche seit 2011 ab dem 43. Lebensjahr.

Wien. Mit seinem Machtwort hat er die Gewerkschaft zur Weißglut getrieben: Vizekanzler Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner hat mit dem Hinweis, das sei aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage derzeit einfach nicht möglich, ein gemeinsames Anliegen von ÖGB und SPÖ vom Verhandlungstisch gewischt. Es geht um die Einführung einer sechsten Urlaubswoche nach 25 Arbeitsjahren für alle Beschäftigten, unabhängig davon, in welcher Firma sie tätig waren. Derzeit ist das nur nach 25 Jahren im selben Betrieb möglich.

Sein Gegenüber auf SPÖ-Seite, Sozialminister Rudolf Hundstorfer, hat diese Entscheidung ohne lautes Murren geschluckt. Für diesen ist allerdings – so knapp vor der Wien-Wahl am kommenden Sonntag – die Forderung nur vorerst vom Tisch. Immerhin handelt es sich um ein Anliegen aus dem SPÖ-Wahlprogramm 2013. Die Signale deuten allerdings in naher Zukunft keineswegs darauf. Denn für Industriellenvereinigung und Wirtschaft ist eine sechste Urlaubswoche kein Thema mehr.

Damit wird eine Ungleichbehandlung fortgeschrieben. Denn für die rund 130.000 Mitarbeiter im Bundesdienst ist die sechste Urlaubswoche Realität. Im öffentlichen Dienst gibt es seit Anfang 2011 eine Regelung, die Bediensteten nach dem vollendeten 43. Lebensjahr eine sechste Urlaubswoche zugesteht. Die ursprüngliche Regelung ist sogar viel älter. Sie geht nach Auskunft des Büros von Staatssekretärin Sonja Steßl (SPÖ) bereits auf das Jahr 1985 zurück, gilt demnach also seit 30 Jahren.

Neuerung 2011 ohne Einwand

Die Neuregelung ab 2011 mit einer sechsten Urlaubswoche ab 43 erfolgte mit der Begründung, diese sei einfacher zu handhaben. Im Regelfall bringen es viele Bundesbedienstete bei einem Diensteintritt mit 18 Jahren im Alter von 43 auf 25 Dienstjahre. Von der Umstellung auf eine fixe Altersgrenze profitieren allerdings auch jene, die erst kürzer im Staatsdienst sind, was teilweise auch unter den Mitarbeitern selbst für Unverständnis gesorgt hat.

Gegen eine sechste Urlaubswoche in der Privatwirtschaft führen Mitterlehner und der ÖVP-Wirtschaftsbund vor allem ins Treffen, dies bringe für Unternehmen zusätzliche Kosten und Belastungen. Bei der Neugestaltung für den Bundesdienst ab dem 43. Lebensjahr seit 2011 hatte die ÖVP – Mitterlehner war auch damals schon Wirtschaftsminister – derlei Bedenken nicht öffentlich vorgebracht. Immerhin müssen die Steuerzahler die Kosten für den erweiterten Anspruch aufbringen. Außerdem werden beide Regierungsparteien seit Jahren nicht müde, Einsparungen bei Beamten und Vertragsbediensteten zu fordern. Vom ÖVP-Wirtschaftsbund, der von Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl abwärts stets lautstark Einsparungen in der Verwaltung verlangt, gab es gegen den Beschluss der Regelung ab dem 43. Lebensjahr keinen breiten Widerstand.

Im Kanzleramt wird darauf verwiesen, bei der Umstellung 2011 auf eine sechste Urlaubswoche ab 43 sei eine kostenneutrale Lösung erwartet worden. Weil eben viele nach 25 Dienstjahren ohnehin darauf Anspruch haben. Berechnungen, wie viele Mehrkosten generell durch die sechste Urlaubswoche gegenüber fünf Wochen anfallen, gibt es im Kanzleramt nicht.

351.000 haben Anspruch

In der Privatwirtschaft kam im Vorjahr nur knapp jeder zehnte Beschäftigte in den Genuss einer sechsten Urlaubswoche. Rund 351.000 Arbeitnehmer erfüllten die Voraussetzung, 25 Jahre im selben Betrieb tätig zu sein. Der Kreis der Anspruchsberechtigten ist freilich seit 2010 rückläufig. (ett)

Auf einen Blick

Sechste Urlaubswoche. Diese gilt im Bundesdienst nach 25 Dienstjahren laut Bundeskanzleramt seit 1985. Seit Anfang 2011 gibt es allerdings eine Neuregelung: Anspruch darauf besteht seither im öffentlichen Dienst nach dem 43. Lebensjahr. In der Privatwirtschaft besteht nach 25 Jahren im selben Betrieb Anspruch auf sechs Wochen Urlaub. 2014 betraf dies laut Statistik Austria rund 351.000 Arbeitnehmer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2015)

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