ÖVP-Pläne: "Dann passiert Familiennachzug eben mit Schleppern"

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Strengere Regeln für Familiennachzug, häufigere Überprüfung des Asylstatus: Die Gesetzesnovelle der ÖVP ist rechtlich möglich – hat aber Nebenwirkungen.

Wien. In der SPÖ schweigt man dazu lieber. Zumindest noch: Der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt prüfe den Gesetzesentwurf der ÖVP derzeit, heißt es aus dem Büro von Werner Faymann. Erst nach seinem Urteil wolle man zu den Plänen für strengere Asylregeln Stellung nehmen.

Wann es soweit sein soll, wisse man nicht. So viel lässt sich aber voraussagen: Vor der Wien-Wahl am kommenden Montag wird sich die SPÖ auf keine weitere Debatte rund um das Thema Asyl einlassen.

Doch worum geht es überhaupt? Am Wochenende legte die ÖVP konkretere Pläne für eine Verschärfung des Asylrechts vor: Zum einen soll laut ÖVP „Asyl auf Zeit“ eingeführt werden. Jeder Asylberechtigte wird nach drei bzw. fünf Jahren von den Behörden überprüft. Ist der Fluchtgrund noch immer aktuell, darf die Person im Land bleiben. Andernfalls muss sie Österreich verlassen. Die Behörden informieren mittels Bescheid.

Zum anderen soll es auch strengere Regeln für Menschen geben, die ihre Kernfamilie ins Landes holen möchten. Anerkannte Flüchtlinge haben innerhalb der ersten drei Monate nach Asyl-Zuerkennung Zeit, wie bisher einen Antrag auf Familienzusammenführung zu stellen. Nach dieser Frist wird es schwieriger: Sie müssen ein eigenes, fixes Einkommen nachweisen, außerdem über genügend Wohnraum sowie eine Krankenversicherung verfügen.

Familien: Drei Jahre Wartefrist

Weitere Hürden haben sogenannte subsidiär Schutzberechtigte. Das sind Betroffene, die keinen Asylgrund haben – aber die dennoch nicht abgeschoben werden können, da ihr Heimatstaat seinen Bürgern keinen Schutz gewähren kann. Bisher konnten Betroffene nach einem Jahr ihre Kernfamilie zu sich holen. In Zukunft könnte es eine Wartefrist von drei Jahren geben.

Rechtlich seien die Pläne der ÖVP auf den ersten Blick durchaus umsetzbar, meint Gerhard Muzak, Professor am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Uni Wien auf Anfrage der „Presse“. Den Asylstatus von Flüchtlingen nach drei Jahren einzeln zu überprüfen sei laut EU-Richtlinie möglich. Auch die strengeren Regeln für den Familiennachzug seien damit kompatibel. Eine dreijährige Wartefrist für subsidiär Schutzberechtigte „verbietet die Richtlinie nicht“, meint Muzak. Den Antrag auf Familienzusammenführung an ein Einkommen oder Wohnraum zu binden, sei ebenso zulässig. Bedingung: Die Verschärfungen dürfen dem in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerten Recht auf Familienleben nicht widersprechen. Es muss auch auf besondere Einzelfälle Rücksicht genommen werden. „Bisher war man etwas großzügiger, in Zukunft werde man sich an die Mindeststandards halten.“

„In der Praxis bringt das wenig“

Abseits der rechtlichen Rahmenbedingungen sieht Wolf Szymanski, Ex- Sektionschef im Innenministerium und Asylrechtsexperte, andere Probleme: „Asyl auf Zeit gab es nie und wird es auch nie geben“, sagt er. Auch jetzt gebe es die Möglichkeit, den Asylstatus von Flüchtlingen zu überprüfen und bei Bedarf abzuerkennen. „Das wird aber nicht intensiv betrieben, weil die Asylbehörde nicht über zu wenig Arbeit klagen kann.“

Würde man diese Prüfung zur Regel machen, wären Flüchtlinge außerdem nicht einmal verpflichtet, das Land zu verlassen. Und zwar aus verschiedensten Gründen. Zwei davon: Betroffene könnten den Status des anerkannten Flüchtlings verlieren, dafür aber zu subsidiär Schutzberechtigten ernannt werden. Oder aber sie seien schon so gut integriert, dass man Schwierigkeiten bei der Abschiebung hätte. Szymanskis Fazit, salopp zusammengefasst: „Die Änderung bringt in der Praxis wenig, schafft aber eine zusätzliche Belastung für die Asylbehörde, die nicht von schlechten Eltern ist.“

Noch skeptischer ist er bei den strengeren Hürden für Familienzusammenführungen. Die derzeitige Regelung hätte nämlich durchaus seine Berechtigung: „Sie verbindet das Asylverfahren des sogenannten Anker-Fremden, der als erstes das Land betritt, mit dem Schutz der Kernfamilie.“ Nur ein Betroffener muss mit einem Schlepper fliehen. „Wenn dieser Weg beschränkt wird, wird das Bedürfnis nach der Familie aber trotzdem bestehen“, sagt Szymanski. Dann wird die Zusammenführung eben mit Schleppern passieren. Davon halte ich nichts.“

Außerdem gibt er zu Bedenken, dass die letzte Novelle nur gut zwei Monate her ist – und die vorletzte eineinhalb Jahre zuvor. „Die Mitarbeiter der Behörden kommen mit den Umschulungen nicht mehr nach.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2015)

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