Österreich: Schwierige Abschiebung in Krisenländer

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Österreich und die EU haben mit einigen Staaten Rückführungsabkommen abgeschlossen. In der Praxis sind Abschiebungen nicht leicht durchzuführen - wie das Beispiel Pakistan zeigt.

Wien. Österreich hat laut Informationen des Innenministeriums in den ersten acht Monaten dieses Jahres 5391 Abschiebungen (Rückführungen) vollzogen. Interessant ist, dass von dieser Zahl zwar 2270 zwangsweise Abschiebungen waren, es aber mit 3121 deutlich mehr freiwillige Ausreisen gab. Ein Grund dafür sei dem Ministerium zufolge, dass es durch attraktivere Reintegrationsprogramme bessere Hilfe bei der Rückkehr gebe. Wichtig sei auch, dass jemand, der freiwillig zurückkehrt, kein Aufenthaltsverbot für Österreich bekomme. Er könne somit in anderer Form – etwa im Zuge einer Rot-Weiß-Rot-Card – eine Österreich-Einreise beantragen.

Von den 2270 abgelehnten Asylwerbern wurden 992 nach dem Dublin-Abkommen in das Erstaufnahmeland rückgeführt, die anderen, also knapp 1300, wurden in ihre Heimatländer gebracht. Doch das ist nicht immer einfach, da es mit diesen Staaten Rückführungsabkommen geben muss. Derzeit hat Österreich mit 22 Staaten solche Abkommen. 17 sind auf EU-Ebene ausgehandelt worden, fünf auf bilateraler Ebene: mit dem Kosovo, Nigeria, Tunesien, der Schweiz und Liechtenstein.

Wichtig sind die auf europäischer Ebene abgeschlossenen Rückübernahmeabkommen. Unter anderem gibt es diese mit der Russischen Föderation, Ukraine, Mazedonien, Bosnien etc. Interessant ist der Fall Pakistan: Kanzler Werner Faymann hat erst am Dienstag laut APA in Lesbos gefordert, dass ein Agreement mit Pakistan auf europäischer Ebene ausgehandelt werden solle. Doch dieses gibt es bereits. Dennoch sind Abschiebungen nach Pakistan äußerst schwierig, denn das Problem ist die Verwaltungspraxis. Viele der Flüchtlinge haben keine Dokumente mehr. Um dennoch eine Abschiebung durchführen zu können, muss von den Behörden des Herkunftslandes ein sogenanntes Heimreisezertifikat ausgestellt werden. Die ausstellenden Behörden sind aber oft säumig oder nicht willig zu bestätigen, dass es sich um einen pakistanischen Staatsbürger handelt. Werden solche Zertifikate jedoch nicht ausgestellt, kann die Person nicht abgeschoben werden. Damit kommt sie in eine rechtliche Grauzone: Sie kann in Österreich bleiben, darf aber weiter nicht arbeiten und bekommt nur eingeschränkte Leistungen aus der Grundversorgung.

Mit Afghanistan, das nicht in allen Teilen (z. B. Kabul) als Kriegsgebiet gilt, gibt es auch auf EU-Ebene kein Abkommen. Abschiebungen werden von Österreich daher de facto nicht vollzogen; allerdings haben im ersten Halbjahr 50 Afghanen die Möglichkeit einer freiwilligen Rückkehr genutzt.

Viele Flüchtlinge, vor allem aus Afrika, kommen auch via Marokko. Auch da gibt es bis dato kein Abkommen, nur laufende Verhandlungen. (g. b.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.10.2015)

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