Wien: Promi-Jäger eröffnet Jagd auf Ringstraßen-Demos

APA/HERBERT PFARRHOFER
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Laut Rudolf Gürtler, Mitglied der Eigentümerfamilie des "Sacher", gefährden die Sperren der Prachtstraße die Gesundheit der Wiener. Demos seien daher zu verbieten. Als Argumente dienen ihm eine Studie und ein Erkenntnis des VfGH.

Rudolf Gürtler sagt, was er denkt. Ob der Inhalt der gerade gültigen „political correctness“ oder der von Journalisten und anderen Meinungsmachern veröffentlichten Meinung entspricht, schert ihn herzlich wenig. Dieses Mal legt sich der ehemalige Rechtsanwalt, der begeisterter Jäger und Mitglied der Eigentümerfamilie des Hotel "Sacher" ist, mit den Veranstaltern der unzähligen Demonstrationen auf der Wiener Ringstraße an. Und mit der genehmigenden Behörde, also der Landespolizeidirektion Wien.

Diese, so Gürtler, dürfte nämlich Veranstaltungen, für die die Ringstraße gesperrt werden muss, aus bestimmten Gründen gar nicht zulassen. Am Donnerstag erstattete er bei der Staatsanwaltschaft Wien Strafanzeige wegen vorsätzlicher Beeinträchtigung der Umwelt und wegen Amtsmissbrauch.

"Natürlich hat das mit der Wien-Wahl zu tun"

"Natürlich hat der Zeitpunkt meines Einschreitens mit der bevorstehenden Wien-Wahl zu tun", sagt Gürtler. Doch er ist als Bewohner der Inneren Stadt auch selbst Betroffener. Seine Argumentation: Ja, die Versammlungsfreiheit gemäß Menschenrechtskonvention sei ein hohes Gut. In bestimmten Konstellationen gebe es jedoch noch schwerwiegendere Interessen. Die Gesundheit Dritter zum Beispiel.

2013 stellte der Verfassungsgerichtshof in einem Erkenntnis fest, dass Einschränkungen der Versammlungsfreiheit "zum Schutz der Gesundheit" zulässig sind. Und dass eben diese Gesundheit, so Gürtler, in Gefahr sei, wenn für Demonstrationen der Ring gesperrt werde, hätte bereits 2012 eine Studie des Österreichischen Vereins für Kraftfahrzeugtechnik belegt. Vorsitzender des Vereins ist der international anerkannte Maschinenbauingenieur, Forscher und Motorenexperte Hans Peter Lenz.

Die Autoren der Untersuchung gingen damals von einer dreistündigen Sperre des Abschnittes zwischen Opernring und Schottentor mit Umleitung über die „2er-Linie“ (Landesgerichtstraße, Museumstraße, Getreidemark) und den Gürtel aus. Ergebnis: Durch längere Wege und die durch das verstärkte Verkehrsaufkommen verursachten Staus entstehe ein vier bis acht, in Extremfällen sogar 15 Mal so hoher Schadstoffausstoß wie ohne Sperre. Aus Umweltschutzgründen empfahl Lenz schon damals, Demonstrationen auf andere Straßenabschnitte zu verlegen.

"In der Geiselhaft der Grünen"

Gürtler verknüpft die Studie nun mit dem VfGH-Erkenntnis von 2013 und dem Versammlungsgesetz. Darin verpflichtet der Gesetzgeber die Behörden nämlich dazu, "Versammlungen, deren Abhaltung die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährden, zu untersagen".

Gürtlers Aktion scheint jedoch nicht nur vom Umweltschutzgedanken getrieben zu sein. Im Text der Anzeige lässt er eindeutig auch weltanschauliche Motive und seine Abneigung gegenüber zahlreichen Organisatoren und Demoteilnehmern erkennen. So schreibt er: "Wir befinden uns in Geiselhaft der Grünen, denn Menschen, die arbeiten und diesen Staat (..) erhalten, haben keine Zeit zu demonstrieren. Immerhin haben die linken Grünen, die Herrschaften und vielleicht sagt man heute auch schon Frauschaften, im Wahlkampf ausdrücklich veröffentlicht, dass man kein Mitleid mit arbeitenden Menschen habe, die im Stau stehen."

Gegen „Extremtierfanatiker“ und Mountainbiker

Bereits in der Vergangenheit legte sich der streitbare Jäger gerne mit Gruppen und Strömungen an, die ihm missfielen. 2013 versuchte er in einem Rundschreiben an Vertreter von Jägerschaft, Landwirtschaftskammer, Pelzindustrie, Fleischerinnung, Fischerei und Falknerei gegen „Extremtierfanatiker“ zu mobilisieren. Mit Hilfe eines gemeinsamen Fonds sollten Privatdetektive finanziert werden, die Tierschützer verfolgen und jenes Material liefern, um sie anschließend mit Zivilklagen zu überziehen. Im gleichen Jahr verklagte er als Jagdpächter im niederösterreichischen Bezirk Lilienfeld zwei Mountainbiker auf 15.000 Euro, weil die sie – wie einige unbehelligte Pkw – eine Forststraße benutzt hatten, um zu einer Almmesse auf den Muckenkogel zu gelangen.

>> Link: Studie des Vereins für Kraftfahrzeugtechnik

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