Asyl: Jeder Fünfte über drei Jahre in der Grundversorgung

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Asylwerber sind im Durchschnitt acht Monate in der Grundversorgung. Jeder Fünfte sogar deutlich länger.

Wien. 14.000 Asylwerber sind derzeit in Wien in der Grundversorgung. Das heißt, sie warten auf den Ausgang ihres Asylverfahrens. Während dieser Zeit dürfen sie nur sehr eingeschränkt arbeiten, haben keinen Anspruch auf einen Deutschkurs und bekommen ein Taschengeld von 40 Euro im Monat.

Das sorgt regelmäßig für Kritik seitens NGOs, Kirchenvertretern und auch manchen Politikern. Das Argument: Je länger Asylwerber nichts tun, desto schwieriger wird es, sie später zu integrieren. Sie vergessen Gelerntes, und die Langeweile im Alltag lasse gerade junge Männer auf dumme Gedanken kommen. Aus diesem Grund hat die Stadt Wien am Dienstag angekündigt, allen Asylwerbern einen Platz in einem Deutschkurs anzubieten. An der Wartezeit ändert das freilich nichts.

Mit rund fünf Monaten gibt das Innenministerium die Dauer eines Asylverfahrens im Durchschnitt an. Wobei die Zeiten je nach Fall stark variieren. In der Stadt Wien kommt man auf einen anderen Durchschnittswert: Rund acht Monate halten sich Flüchtlinge im Schnitt in der Grundversorgung auf, heißt es aus dem Büro von Wiens Flüchtlingskoordinator, Peter Hacker. Das ist ein knappes Dreivierteljahr.

„Bei der Dauer der Grundversorgung gibt es starke Unterschiede nach Nationalitäten“, heißt es in einem E-Mail. So beziehen Syrer im Schnitt nur drei Monate Grundversorgung (weil ihre Verfahren rascher abgewickelt werden), während Iraker im Schnitt elf Monate in der Obhut von Bund und Land sind.

Aufgeteilt nach Verfahrensdauer gibt es in Wien eine Gruppe von rund 20 Prozent, die im Schnitt sogar 3,5 Jahre in der Grundversorgung sind. „Generell, aber vor allem bei dieser Gruppe sehen wir akuten Bedarf an schnelleren Verfahren“, sagt Hacker.

Freilich, nicht immer ist die Dauer des Asylverfahrens identisch mit dem Aufenthalt in der Grundversorgung. Nachdem ein Mensch Asyl bekommt, darf er theoretisch noch vier Monate in der Grundversorgung bleiben, bis er sie verlassen muss. Subsidiär Schutzberechtigte (ihr Aufenthaltsstatus muss alle ein bis zwei Jahre verlängert werden) sogar noch länger. Derzeit sind rund 2640 von ihnen im System in Wien.

Im Jahr 2015 rechnet die Stadt Wien mit 27 Millionen Euro für die Grundversorgung. Wobei seit Jahresbeginn 6000 Menschen neu aufgenommen wurden, der Rest ist schon länger hier. In die 6000 inbegriffen sind auch 2000 Asylwerber, die „noch nicht administriert sind“, so ein Hacker-Sprecher. Sie haben im Zuge des aktuellen Flüchtlingsstroms in Österreich um Asyl angesucht – und halten sich vorerst in Wien auf.

Mikl-Leitner will Obergrenze

Unterdessen hat sich Innenministerin Johanna Mikl-Leitner am Rande eines EU-Innenministertreffens in Luxemburg für Asylobergrenzen ausgesprochen, wie sie der deutsche Innenminister Thomas de Maizière – im Gegensatz zu Kanzlerin Angela Merkel – schon gefordert hat. Der Vorschlag müsse „fachlich und sachlich diskutieren“, erklärte sie. „Es sind 60 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. Da liegt es auf der Hand, dass Europa keine 60 Millionen Menschen aufnehmen kann, dass es hier eine Obergrenze geben muss.“

Die Schätzung der Flüchtlingszahlen basiert auf Daten des UNHCR. Darin enthalten sind jedoch 38,2 Millionen Binnenvertriebene, die in ihrem eigenen Land von einer Region in die andere geflohen sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2015)

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