Abgasskandal: Höhere Kfz-Steuer für VW-Fahrer?

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VW hat offenbar nicht nur bei Stickoxiden, sondern auch beim CO2-Ausstoß manipuliert. Dieser Wert dient in vielen Ländern zur Berechnung der Steuer. Besitzern könnte eine Nachzahlung drohen.

Wien/Wolfsburg. Wer gern spekuliert und gute Nerven hat, kauft jetzt VW-Aktien. Der Kurs ist nach Bekanntwerden der Abgasmanipulationen von fast 170 Euro je Aktie auf 93 Euro eingebrochen. Mittlerweile ist er wieder auf 106 Euro je Aktie geklettert. Aber noch weiß man nicht, wie viele schlechte Nachrichten noch kommen.
Gestern lieferten die „Süddeutsche Zeitung“ sowie die TV-Sender WDR und NDR eine weitere: Demnach hat VW nicht nur bei den Stickoxiden getrickst, um die Abgastests in den USA zu bestehen. Sondern auch bei den europäischen Prüfzyklen, bei denen es um den Ausstoß von CO2 geht. Und das kann für Autofahrer unangenehme Folgen haben, weil sich in vielen Ländern Europas die Höhe der Kfz-Steuer nach dem CO2-Ausstoß richtet. In Österreich trifft das auf die NoVA zu.

Ob es tatsächlich zu den CO2-Manipulationen gekommen ist, war am Donnerstag nicht in Erfahrung zu bringen. Eine Anfrage in Wolfsburg blieb unbeantwortet. In einer schriftlichen Erklärung betonte der Volkswagen-Konzern, es sei „derzeit noch Gegenstand von internen und externen Prüfungen“, ob und wie weit die Software tatsächlich eingegriffen habe. Auch sei rechtlich noch unklar, ob es sich überhaupt „um eine verbotene Abschalteinrichtung im Sinne der europäischen Normen handelt“.

Die Konsequenz bei einer Manipulation wäre auf jeden Fall eine Steuernachzahlung. Bei der NoVA würde sie laut österreichischem Finanzministerium den Fahrzeughändler treffen. Kommt es dadurch auch zu einer Änderung der PS-Leistung des Fahrzeugs, träfe dies das Versicherungsunternehmen und aufgrund der motorbezogenen Versicherungssteuer den Zulassungsbesitzer. Das sei aber, erklärte das Ressort, „das Durchspielen eines theoretischen Falles“.

In Deutschland baut die Politik bereits vor. In einem Brief an Finanzminister Wolfgang Schäuble hat der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans gefordert, die Steuerschuld auf VW abzuwälzen. Wegen der von VW eingestandenen Manipulationen könnten zahlreiche Autos zu gering besteuert worden sein. Es könne aber nicht sein, dass der Staat den Käufern von VW-Fahrzeugen Nachzahlungsbescheide schicke und Autobesitzer auf diese Weise zwinge, sich das Geld durch aufwendige Schadensersatzklagen bei Volkswagen zurückzuholen.

US-Chef Horn: Eingeschränkt eingeweiht

In den USA musste am Donnerstag der lokale VW-Chef, Michael Horn, vor dem Kongress zu dem Skandal aussagen. Zuvor hatte er in einer Stellungnahme erklärt, bereits im Frühling 2014 von möglichen Verstößen gegen US-Emissionsregeln erfahren zu haben. Horn sagte, er sei danach davon ausgegangen, dass die Ingenieure des Konzerns mit der EPA an einer Lösung arbeiteten. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Konzernkreisen erfuhr, hatte Horn 2014 den inzwischen beurlaubten VW-Entwicklungschef Heinz-Jakob Neußer über mögliche Verstöße unterrichtet. Von der konkreten Betrugs-Software habe er aber erst kurz vor dem Treffen mit den EPA-Vertretern am 3. September erfahren, gab Horn vor dem Kongress unter Eid zu Protokoll.

In Deutschland hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig gestern unangekündigt mehrere VW-Gebäude sowie Wohnungen von Mitarbeitern durchsucht. Außer drei Staatsanwälten waren ungefähr 50 Polizisten im Einsatz. Sicher gestellt wurden Unterlagen, die beweisen sollen, wer wann von den Manipulationen wusste. Der Konzern arbeitet nach eigenen Angaben mit Hochdruck an der Behebung der Manipulationen. Man plane je nach Motorvariante unterschiedliche Lösungen und wolle vor dem Rückruf zunächst „intensive Qualitätstests“ vornehmen. (red./ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2015)

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