100 Milliarden für die Bier-Weltherrschaft

(c) Bloomberg (Simon Dawson)
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Die Budweiser-Mutter AB InBev zahlt für den größten Rivalen, SABMiller, fast 100 Mrd. Euro. Aus der raren Fusion unter Branchengleichen entsteht ein Koloss mit extremer Marktmacht.

London/Brüssel. Vergangene Woche brauchte Jan du Plessis nur wenige Stunden, um das nachgebesserte Angebot des weltweit größten Braukonzerns, AB InBev, erneut abzulehnen. Der Chairman von SABMiller weiß, wie man pokert und den Preis in die Höhe treibt – oder letztlich hart bleibt: Als Verwaltungsratschef des Bergbauriesen Rio Tinto hat er vor einem Jahr ein feindliches Offert von Glencore abgelehnt – eine weise Entscheidung, wie die „Financial Times“ schrieb.

Montagabend war für du Plessis offenbar das Abwehrpotenzial ausgereizt: Die Nummer zwei im Biergeschäft, die britische SABMiller, akzeptierte nach einem kurzen, intensiven Übernahmepoker das auf 44 Pfund je Aktie aufgestockte Angebot der Belgier und schloss mit ihnen eine Grundsatzeinigung ab. Mit einem Volumen von 69 Mrd. Pfund (93 Mrd. Euro) wäre der Kauf eine der größten Firmenübernahmen überhaupt und die größte in Großbritannien.

Seltene Ehe unter Gleichen

Der Deal ist aber auch deshalb außergewöhnlich, weil ein Zusammenschluss der Topfirmen einer Branche extrem selten ist. Das wäre, als ob Nike und Adidas oder VW und Toyota fusionierten.

Der neue Konzern, aus dessen Zapfhähnen Marken wie Beck's, Budweiser, Stella und Corona (AB InBev) sowie Pilsner Urquell, Grolsch und Peroni (SAB) fließen, wäre mit einem Börsenwert von rund 280 Mrd. Dollar ein Schwergewicht an den Aktienmärkten, und er dominierte die globale Getränkeszene. Analysten von Exane BNP Paribas schätzen das operative Ergebnis im nächsten Jahr auf 25 Mrd. Dollar. Auf 24 der 30 größten Biermärkte würde AB/SAB die Nummer eins oder zwei sein. Jedes dritte weltweit getrunkene Bier würde aus den Zapfhähnen des fusionierten Konzerns kommen.

Deshalb rechnen Experten mit kartellrechtlichen Hürden in mehreren Ländern, vor allem in den USA. Anheuser-Busch kam 2014 auf einen weltweiten Marktanteil von gut 21 Prozent, SABMiller auf 15 Prozent. Man rechnet daher damit, dass Beteiligungen abgestoßen werden müssen, etwa in den USA und China. Davon könnten die nächstgrößten Getränkekonzerne, Heineken (holländische Mutter der österreichischen Brau Union) und die dänische Carlsberg, profitieren.

AB InBev, selbst aus der Fusion der US-Firma Anheuser-Busch mit der belgischen Interbrew hervorgegangen, ist vor allem in Lateinamerika dominant. SABMiller, ein Produkt der Fusion von South African Breweries mit der Miller Brewing Company, ist indes in Afrika stark. Auf diesem Kontinent ist AB bislang nicht präsent, möchte aber dort deutlich zulegen. Afrika gilt trotz aller Probleme auch in der Getränkeindustrie als Zukunftsmarkt. Auch in Asien würden die Unternehmen laut Experten gut zusammenpassen.

Marktmacht missbraucht?

Die Marktdominanz dürfte das größte Problem sein. Insidern zufolge gibt es in den USA bereits Ermittlungen gegen AB InBev, um zu klären, ob der Konzern seine Marktmacht missbraucht hat. Das US-Justizministerium gehe Vorwürfen nach, das Unternehmen habe Zwischenhändler gekauft, um den Vertrieb von Bieren kleinerer Brauereien einzuschränken. In den vergangenen Monaten hat Ab InBev fünf Händler in drei US-Bundesstaaten übernommen.

Auch die Anheuser-Aktionäre müssen dem Deal noch zustimmen. Immerhin entspricht das Offert einem 50-prozentigen Aufschlag gegenüber dem Kurs vom 14. September, als die Übernahmepläne konkret wurden. Daher wurde die Frist für ein verbindliches Angebot bis 28. Oktober verlängert. Und es wurde vereinbart, dass AB InBev drei Mrd. Dollar an SABMiller zahlen müsse, falls das Geschäft doch nicht klappt.

Die Anleger goutieren schon den Deal: Die SAB-Aktie legte am Dienstag um bis zu neun Prozent zu, AB-InBev-Papiere stiegen um zwei Prozent. (eid/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2015)

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