Wann endet die Zeit der Wiener Dinosaurier?

WIEN-WAHL: PK BGM. MICHAEL HAeUPL (SPOe)
WIEN-WAHL: PK BGM. MICHAEL HAeUPL (SPOe)APA/HANS KLAUS TECHT
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Ein nicht amtsführender Wien-Vize ist eine Steuerzahlerprovokation.

Wien, das wissen wir, ist anders: Da sitzen in der Stadtregierung nicht nur vier nicht amtsführende Stadträte (je 8583 Euro, 14-mal im Jahr), sondern demnächst auch ein nicht amtsführender Vizebürgermeister (9461 Euro, 14-mal im Jahr). Das heißt: „Stadtregierung“ trifft die Sache vielleicht nicht ganz: Sie haben keinerlei Kompetenzen, werden von allen Entscheidungen ferngehalten, sitzen einfach so bei Regierungssitzungen herum. Bedient mit einem völlig nutzlosen Proporzposten. Ein Affront für alle anständigen Steuerzahler im Land.

So ist sie halt, die Wiener Stadtverfassung. Wir nehmen nun einmal stark an, dass die FPÖ, die bis zu fünf dieser Versorgungsposten besetzen wird, jetzt von der Oppositionsbank her schnell auf eine Reform der Stadtverfassung in Richtung Abschaffung dieser leistungsfreien Einkommen für schwer vermittelbare Parteigänger drängt. Beziehungsweise entsprechende Initiativen anderer Parteien unterstützt. Ohne sie geht in Sachen Stadtverfassung ja nichts mehr.

Denn dass sich der Wiener Chef der angeblichen Antiproporzpartei FPÖ gleich bei der ersten Futtertroggelegenheit als Uraltpolitiker outet, von denen wir im Lande wirklich genug haben, wollen wir ja doch nicht annehmen.

Bürgermeister Michael Häupl hat nach der Wahl gesagt, dass sich jetzt vieles ändern müsse. Er hat damit seine Partei, die SPÖ, gemeint, aber er sollte das auch auf „seine“ Stadt projizieren: Ein so aufreizend provokantes Proporzsystem, wie es Wien derzeit praktiziert, ist ein Modell aus dem vorigen Jahrhundert und gehört schnellstens entsorgt. Irgendwo muss eine Verwaltungsreform ja beginnen. Warum nicht beim Kopf?

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2015)

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