„Wer nur weiterwurschtelt, landet irgendwann selbst in den Würschteln“

STEIERMARK: PR�SENTATION VON CHRISTOPHER DREXLER ALS NEUER LANDESRAT: DREXLER
STEIERMARK: PR�SENTATION VON CHRISTOPHER DREXLER ALS NEUER LANDESRAT: DREXLER(c) APA/ERWIN SCHERIAU (ERWIN SCHERIAU)
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ÖVP-Appell. Regierung solle weniger auf den Stammtisch achten, sagt Landesrat Drexler.

Wien. „Man muss damit aufhören, auf einen halben Absatz in der Agentur oder auf eine Fußnote in der Zeitung zu schielen. Man muss damit aufhören, auf minimale Territoriumsgewinne in der Stammtischhoheit abzuzielen.“ Christopher Drexler, ÖVP-Gesundheitslandesrat in der Steiermark, mahnt die Bundesregierung zu gemeinsamen Lösungen, statt zu alleinigen Vorstößen einer Partei. Dies müsse eine Lehre aus den vier heurigen Landtagswahlen sein, die für SPÖ und ÖVP (auch in der Steiermark und zuletzt in Wien) verlustreich waren. Und die, so Drexler, „unter gehöriger bundespolitischer Hintergrundbeleuchtung“ stattfanden.

So habe die Regierung beim wichtigen Flüchtlingsthema eine gemeinsame Linie vermissen lassen. „Piktogramme können kein politisches Programm ersetzen“, sagt Drexler zu den Taferln, die ÖVP-Politiker zum Thema Asyl zuletzt öffentlich hochhielten. Rot und Schwarz sollten Fragen hinter verschlossenen Türen diskutieren – und erst mit einer gemeinsamen Lösung an die Öffentlichkeit gehen, rät Drexler. „Als Staatsbürger habe ich ja nichts davon, wenn Regierungsparteien unterschiedliche Konzepte vortragen, hier wünsche ich mir eine klare Linie“, sagt Drexler im Gespräch mit der „Presse“.

Bürgerliche „Aliens“ in Wien

Neben der Causa Asyl brauche es auch bei den Themen Wirtschaft und Arbeit gemeinsame Impulse. „Denn wenn man nur weiterwurschtelt, landet man irgendwann selbst in den Würschteln“, warnt Drexler. Eine Anspielung auf einen Sager von ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner: Er hatte erklärt, es habe in der Regierung „keinen Sinn, auf Dauer weiterzuwurschteln“.

Neben seiner Partei nimmt Drexler auch die SPÖ in die Pflicht. Auch wenn für sie jetzt „der 11. Oktober wie der 1. Mai ist“, da die Roten in Wien Platz 1 behalten haben. Doch auch die SPÖ habe „Federn gelassen“. Dass die Roten trotzdem in der Spitzenposition blieben, führte Drexler darauf zurück, dass Häupl in der Flüchtlingsfrage „beachtliches Format gezeigt hat“.

Das Ergebnis der Wiener ÖVP wundert Drexler nicht. Wenn er in Wien unterwegs sei, spüre er am eigenen Leib, dass hier ein ÖVPler „als Alien gilt“. „Ohne zu schulmeistern, da muss man aus der fernen Provinz in die große Hauptstadt sagen: ,Man muss sich gesellschaftlichen Strömungen öffnen.‘“ Wien sei eine weltoffene Stadt, die Stadt-ÖVP habe hier aber meist das Gegenteil vertreten. „Wiens ÖVP war so sehr mit internen Streitigkeiten beschäftigt, dass sie gar keine Zeit und Kapazität für den weiten Blick gehabt hat“, betont Drexler.

In der steirischen Landeshauptstadt Graz löste hingegen die ÖVP 2003 die SPÖ als stärkste Partei ab. Was Drexler vor allem auf Bürgermeister Siegfried Nagl zurückführt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2015)

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