Slowenien hatte schon am Sonntag vor, mehr als ein paar hundert Flüchtlinge nach Österreich zu schicken. Das lehnte Wien zunächst ab.
Wien. Österreichs Versuch, nur eine begrenzte Anzahl an Flüchtlingen durchreisen zu lassen, ist schnell gescheitert. Slowenien hat Montagabend die Grenzen zu Kroatien geöffnet. Tausende Menschen werden nun wieder täglich die Alpenrepublik erreichen.
Dabei waren sich die slowenische Innenministerin, Vesna Györkös Žnidar, und ihre österreichische Kollegin, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), bereits am Sonntagabend nicht einig, ob Österreich nun die Einreise von Flüchtlingen limitiert. Zumindest wurde ein Missverständnis publik. Auslöser war ein Anruf der slowenischen Innenministerin bei ihrer Amtskollegin, in dem sie wissen wollte, ob Österreich mehr Flüchtlinge als bisher (am Samstag erreichten gerade einmal die ersten hundert die Grenze) aufnehmen könnte. Das wurde von Mikl-Leitner jedoch abgelehnt, bestätigt ihr Sprecher. Die Slowenin interpretierte die Antwort als Aufnahmestopp. „Die Ministerin hat mir gesagt, dass die Kapazitäten voll sind. Aufgrund dessen konnten wir nicht mehr erwarten, dass sie Flüchtlinge aufnehmen werden“, wird sie in der Nachrichtenagentur zitiert.
Tatsächlich sind bis Montagnachmittag 850 Flüchtlinge über die österreichisch-slowenische Grenzen bei Bad Radkersburg und Spielfeld gekommen. Sie wurden dort registriert, erstversorgt und, wie bisher, in Richtung Deutschland gebracht.
Interessant ist freilich, warum Österreich, das in den Wochen davor im Schnitt täglich 6000 Flüchtlinge von Ungarn nach Österreich reisen ließ – und ebenso vielen Menschen die Weiterreise nach Deutschland ermöglichte – sagt, es hätte ein Aufnahmeproblem. Im Innenministerium beruft man sich auf die deutschen Nachbarn. „Wir müssen auf die Situation an der deutsch-österreichischen Grenze schauen, dass diese zurande kommen“, so der Sprecher. Ob Deutschland signalisiert hätte, dass es weniger Flüchtlinge aufnehmen würde, wollte er nicht kommentieren. Eine Aufnahmehöchstgrenze mit Slowenien sei nicht vereinbart worden. Auch was passiert, sollten tausende Menschen Österreichs Südgrenze erreichen, wollte er nicht kommentieren.
Wahrscheinlich ist aber, dass sie – wie davor – nach Deutschland durchreisen können. (win)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2015)