Telekom: Staatsanwalt prüft Scheinrechnungen

Ex-Telekomchef Fischer
Ex-Telekomchef FischerAPA/ROBERT JAEGER
  • Drucken

"Die Presse"-exklusiv. Wegen Abgabenhinterziehung wird gegen die Telekom Austria ermittelt. Unter den Beschuldigten: Ex-Telekom-Boss Fischer und Lobbyist Mensdorff-Pouilly.

Auch das noch: Nach dem Wirbel um die frühere Rolle der Telekom Austria (TA) als „Bankomat der Republik“ – Parteien, Lobbyisten, Agenturen kamen via Scheinrechnungen jahrelang in den Genuss von TA-Geld – muss sich das Unternehmen nun vor der Staatsanwaltschaft Wien verantworten. Der Vorwurf: Abgabenhinterziehung. Die TA ist Beschuldigte im Sinne des Verbands-Verantwortlichkeits-Gesetzes. Somit wirkt ein unliebsames Erbe auch in die Ära des neuen TA-Chefs Alejandro Plater nach.

In dem Verfahren (Aktenzahl 607 St 18/15 y) greift die Anklagebehörde einen Vorwurf der Finanz auf. Die TA habe zwischen 2003 und 2008 gegen Vorlage von Scheinrechnungen – etwa für „Studien“ oder „Sponsoring“ – Gelder ausgeschüttet. Diese Gelder (um wie viele Millionen Euro es sich handelte, lässt sich bis heute schwer nachvollziehen) wurden mitunter im „Geldtopf“ der Firma Valora – diese gehörte dem PR- und Lobbying-Profi Peter Hochegger – zwischengeparkt. Bis zur Weiterverteilung. Zum Beispiel in Richtung Politik.

„Steuerliche Abzugsfähigkeit verwehrt“

Die Finanz sagt nun (der entsprechende Bericht einer Großbetriebsprüfung bei der TA liegt der „Presse“ vor): Bei 15 von 16 Valora-Geschäftsfällen „wurde (...) keine ausreichende betrieblich veranlasste Zuordnung (,Mascherl‘) gefunden und ist eine steuerliche Abzugsfähigkeit somit verwehrt.“ An anderer Stelle heißt es: Für Scheinrechnungen sei „ein Vorsteuerabzug nicht zulässig.“

Konsequenterweise wird in dem Finanzstrafverfahren nicht nur gegen die TA ermittelt – genau genommen sind es die Telekom Austria AG als Zweitbeschuldigte und die A1 Telekom Austria AG als Viertbeschuldigte, sondern vielmehr gegen insgesamt 16 Beschuldigte. Mit teils klingenden Namen. Außer dem Mitbeschuldigten Hochegger findet sich als Erstbeschuldigter Ex-TA-Boss Rudolf Fischer im Kreis der Verdächtigen. Als Fünftbeschuldigter (abseits der Valora-Aktivitäten) scheint der Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly auf.

Fischer und Mensdorff müssen sich überdies in einem aktuell laufenden Untreue-Prozess verantworten. Darin geht es um einen Telekom-Geschäftsfall, der ebenfalls von der Finanz aufgegriffen wurde: um das Blaulicht-Digitalfunk-Projekt Tetron (2004, Auftraggeber: das Innenressort). Kern dieses Prozesses (Fortsetzung: 9. 11.) ist der Vorwurf, dass Fischer eine Auszahlung von 1,1 Millionen Euro an Mensdorffs Budapester Firma M. P. A. veranlasste. Das Geld floss offiziell nicht für Mensdorffs Tetron-Einsatz sondern für „strategische Kommunikation/ Lobbying“ des IT-Cluster-Projekts Alpha.

Das mit dem Projekt Alpha sei eine Schutzbehauptung gewesen, gab Mensdorff im Untreue-Prozess zu. Er habe nicht gewollt, dass der wahre Zahlungsgrund (Tetron) herauskomme, während „meine Frau (Ex-ÖVP-Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat, Anm.) irgendwas, keine Ahnung was, in der Politik machte“. Im Untreue-Prozess bekennen sich Fischer und Mensdorff nicht schuldig. Sowohl dort als auch im Finanzstrafverfahren gilt für sie und alle anderen die Unschuldsvermutung.

Telekom Austria fordert Geld zurück

Kurios ist nun, dass die TA im Untreue-Prozess als Privatbeteiligte auftritt. Und die 1,1 Millionen Euro von Mensdorff zurück haben will: „Wir gehen wie die Staatsanwaltschaft von Scheinrechnungen aus.“ Genau davon geht ja auch die Finanz aus. Und genau deshalb läuft das Finanzstrafverfahren.

Was sagt die TA dazu? „Zur Verweigerung des Betriebsausgabenabzugs bei Scheinrechnungen ist anzumerken: Das Unternehmen kooperiert wie bisher vollumfänglich mit den Behörden, insbesondere auch mit dem Finanzamt und wird weiterhin mit den Behörden für eine vollständige Aufklärung Sorge tragen“, so Sprecherin Livia Dandrea-Böhm. Die Scheinrechnungen seien Teil von „Malversationen“, bei denen das Unternehmen geschädigt worden sei.

Hochegger wiederum sei über das Finanzstrafverfahren „nicht unfroh“. Sagt sein Anwalt André Zankl. So ließen sich die Valora-Geschäftsfälle „gut aufarbeiten.“ Wie immer man es auch drehe: „Sämtliche Aufträge an die Valora wurden von dieser auch erfüllt.“ Daher: „Hochegger ist schuldlos.“

Ob es für eine Anklage reicht, ist offen. Die Staatsanwaltschaft (StA) habe jedenfalls der Finanz „ein umfangreiches Erhebungsersuchen“ zukommen lassen, erklärt StA-Sprecher Thomas Vecsey.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly
Politik

Drei Jahre Haft: Mensdorff beruft gegen Tetron-Urteil

Der Lobbyist wurde wegen Beteiligung an der Untreue nicht rechtskräftig verurteilt. Ex-Telekom-Vorstand Fischer äußerte sich noch nicht.
Peter Pilz
Politik

Pilz: Mensdorff-Urteil beendet "Kaste der Unberührbaren"

Das nicht rechtskräftige Urteil gegen den "Truthahnzüchter" sei der Auftakt für weitere Verfahren im ÖVP-Umfeld, meint der Grünen-Politiker.
Innenpolitik

Finale Gerichtsschlacht um Mensdorff-Pouilly

Blaulicht-Causa. Ist das Engagement des ÖVP-nahen Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly als Untreue-Handlung zulasten der Telekom Austria (TA) zu werten? Oder war „Graf Ali“ nur ein harmloser Coach für Ex-TA-Vorstand Rudolf Fischer?
BLAULICHTFUNK-PROZESS AM STRAFLANDESGERICHT IN WIEN: MENSDORFF-POUILLY
Politik

Drei Jahre Haft für Lobbyist Mensdorff-Pouilly

Der ÖVP-nahe Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly wurde wegen Untreue zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Der frühere Telekom Austria-Vorstand Rudolf Fischer bekam ein Jahr Haft.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.