Salzburg: „Mit Flüchtlingszustrom nicht überfordern“

GEMEINDERATSWAHL IN SALZBURG:  SCHADEN
GEMEINDERATSWAHL IN SALZBURG: SCHADEN(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
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Bürgermeister Heinz Schaden hält nichts davon, verstärkt Flüchtlinge an die Grenze zu bringen. Der Druck auf Deutschland solle nicht erhöht werden.

Salzburg. Salzburg als Nadelöhr vieler Flüchtlinge auf ihrem Weg nach Deutschland wird noch enger: Spätestens ab kommender Woche muss das Notquartier in der Bahnhofstiefgarage aufgelassen werden. Es wird zu kalt, die provisorische Unterkunft kann mangels Fluchtwegen nicht winterfest gemacht werden. Damit fallen 800 Schlafplätze für durchreisende Asylwerber weg. „Dann haben wir nur mehr rund 1000 Plätze zur Verfügung“, sagte der Bürgermeister von Salzburg, Heinz Schaden (SPÖ), im Gespräch mit der „Presse“.

Die Suche nach winterfesten Notquartieren ist derzeit eine der größten Herausforderungen für Salzburg. In den vergangenen Wochen hatte die Stadt bis zu 2000Menschen pro Nacht kurzfristig unterbringen müssen. Seit Anfang September seien rund 300.000 Flüchtlinge in Salzburg versorgt worden, betonte Schaden. Sein dringender Appell: Salzburg dürfe beim Zustrom von Flüchtlingen nicht überfordert werden. Gerade angesichts der schärferen Töne aus Bayern dürfe man nämlich nicht den Druck auf Deutschland dadurch erhöhen, dass mehr Flüchtlinge an die Grenze gebracht werden, erklärte Schaden. Er warnt vor Provokationen: „Wir müssen besonnen agieren und für die Nachbarn berechenbar bleiben.“ Schaden setzt auf Kommunikation.

Salzburg sei in ständigem Gespräch mit den Behörden in Freilassing, um die Kapazitäten an der Grenze abzustimmen. Am Mittwochvormittag wurde die Abfertigung wieder einmal vorübergehend gestoppt, zuvor waren von den bayerischen Behörden zwischen 40 und 50 Personen pro Stunde übernommen worden.

Die Unberechenbarkeit des Zustroms von Menschen bringt alle an die Leistungsgrenze. Erst am Dienstagabend hatte der Einsatzstab in Salzburg erfahren, dass Busse mit rund 1800 Flüchtlingen aus der Südsteiermark auf dem Weg seien. Die Stadt hat eilends Vorkehrungen getroffen, um die Menschen unterzubringen. Tatsächlich gekommen sind schließlich rund 1000 Personen.

Sie fanden noch in der Bahnhofstiefgarage sowie in der alten Autobahnmeisterei Platz. Ein weiteres Problem: Immer mehr Menschen, die in Österreich um Asyl angesucht haben, übernachten mangels Alternativen in den Transitquartieren. Allein im Behelfsquartier in der Autobahnmeisterei sind das derzeit rund 100 Menschen.

Halle einsturzgefährdet

Dort musste vergangene Woche eine Halle geräumt werden, weil sie einsturzgefährdet ist. Nun arbeitet die Stadt daran, eine andere Halle auf dem Gelände zu einem Notquartier umzurüsten und Ersatz zu schaffen. Am Bahnhof ist ein weiteres Zelt geplant, um ankommende Menschen in einem beheizten Wartebereich versorgen zu können, kündigte Schaden an.

Kritik übte er daran, dass das Erstaufnahmezentrum im ehemaligen Hotel Kobenzl immer noch nicht in Vollbetrieb sei. Das sei eindeutig Bundeskompetenz, meinte der Bürgermeister. Von den Plänen, an den Grenzübergängen im Süden festere Absperrungen zu errichten, hält Schaden wenig: „Das ist Placebo.“ Die Flüchtlinge würden sich dadurch nicht aufhalten lassen.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2015)

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