Kritik an Vergabe von Justizjobs

INTERVIEW: JUSTITZMINISTER BRANDSTETTER
INTERVIEW: JUSTITZMINISTER BRANDSTETTER(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Die Besetzung von Justizposten erfolge nicht nach Eignung, sondern nach „anderen Interessen“, kritisiert die Richtervereinigung.

Wien. Der österreichischen Richtervereinigung (RV) missfällt das Vorgehen von ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter bei Postenbesetzungen. Immer wieder würden Stellen in Missachtung der Personalsenatsvorschläge nicht nach Qualifikation, sondern nach „anderen Interessen“ besetzt. Dies prangert nun RV-Präsident Werner Zinkl an.

Angesichts „zweifelhafter Besetzungen“ fordert Zinkl: Die Entscheidungsorgane (Justizminister und Bundespräsident) müssten an zwei gleichlautende Besetzungsvorschläge von Personalsenaten gebunden werden. Als Beispiele für das Prädikat „zweifelhaft“ würde demnach etwa die Besetzung einer leitenden Funktion im Oberlandesgericht Wien mit einer zuvor im Justizministerium tätigen Richterin gelten. Die Richterin war bei der Bewerbung zweimal nur Drittgereihte. Weiteres Beispiel: die Schaffung einer zweiten Vizepräsidentenstelle im Landesgericht Wiener Neustadt. Diesem Vorgehen vorausgegangen war ein Tauziehen zwischen Bundespräsident und Justizminister. Die beiden Stellen präferierten unterschiedliche Kandidaten.

Die aus Richtern bestehenden Personalsenate seien ein wesentliches Instrument der richterlichen Selbstverwaltung zur Sicherung der Unabhängigkeit. Also beeinträchtige es die Unabhängigkeit, wenn ihren Dreier-Vorschlägen nicht Folge geleistet wird, kritisiert Zinkl. Laut Richterdienstgesetz haben Personalsenate (der Landesgerichte und der Oberlandesgerichte) für Richterposten und Leitungsfunktionen Besetzungsvorschläge an das Justizministerium zu erstatten. Formal für die Bestellung zuständig ist der Bundespräsident.

Die Unabhängigkeit der im Ministerium tätigen Richter sieht Zinkl wiederum durch Umstrukturierungen gefährdet. Brandstetter hat zwei Sektionen, die Präsidialsektion und die Personalsektion, zusammengelegt, als er den Strafvollzug mit einer Generaldirektion zurück ins Haus holte. Außerdem wurde die Zuständigkeit der davon betroffenen zwölf Abteilungen der neuen Sektion leicht verändert.

Damit hat Brandstetter nicht nur einen neuen Sektionschef zu küren, sondern auch neue Abteilungsleiter. Die Posten sind ausgeschrieben. Zinkl: „Wenn jeder Minister so umstrukturiert, dass sich immer alle neu bewerben müssen, sorgt das für schlechtes Klima.“ Außerdem regiere dann vorauseilender Gehorsam.

Minister schlägt zurück

Brandstetter weist die RV-Vorwürfe scharf zurück. Er orientiere seine Vorschläge am Gesetz und an „fachlichen Erfordernissen“. Im Ministerium brauche man Reformen, „und wer gut und tüchtig ist, hat damit kein Problem“. Zum Thema „Personalentscheidungen“ meint Brandstetter: Sollte sein Vorgehen „im Einzelfall dem Gerichtsvorsteher von Leibnitz“ (als solcher ist Zinkl tätig, Anm.) in dessen Funktion als RV-Präsident nicht gefallen, liege das an Zinkls persönlichen Präferenzen. (APA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2015)

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