Winter muss FPÖ verlassen und wird "wilde" Abgeordnete

(c) Clemens Fabry
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Die Freiheitlichen setzen ihre Abgeordnete vor die Tür. Auch, dass Susanne Winter Teil der parlamentarischen Freundschaftsgruppe zu Israel war, sorgt für Aufregung.

Wien. „In der FPÖ ist kein Platz für Antisemitismus.“ Und Susanne Winters Verhalten stehe allen dahin gehenden Erklärungen von Parteichef Heinz-Christian Strache „diametral entgegen“. So verkündete FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl am Montag, dass die bisherige FPÖ-Abgeordnete die Partei verlassen müsse. Winter hat entgegen ihrer ursprünglichen Ankündigung weder ihre FPÖ-Mitgliedschaft noch ihr Nationalratsmandat zurückgelegt. Daher wurde sie aus der Partei ausgeschlossen. Das Mandat, das ihr immerhin knapp 8600 Euro brutto monatlich einbringt, kann ihr die Partei nicht wegnehmen. Sie wird damit "wilde" Abgeordnete. Mit ihr erhöht sich die Zahl der fraktionslosen Abgeordneten auf vier. Winter sagte im ATV, sie werde ihr Mandat "sicher nicht" zurücklegen. Sie habe "15 Jahre für die Partei mit Herz und Einsatz gearbeitet".

"Da bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Bekanntgabe des Rücktritts von Susanne Winter vorliegt, wird sie hiermit mit sofortiger Wirkung aus der Freiheitlichen Partei Österreichs ausgeschlossen. Darüber hinaus fordert die FPÖ weiterhin die Zurücklegung ihres Nationalratsmandates von ihr ein", teilte die FPÖ in einer Aussendung kurz nach 19.00 Uhr mit.

"Rote Linie überschritten"

Die Parteispitze hatte sich bei einem Treffen mit der Abgeordneten davon überzeugt, dass Winter für das antisemitische Facebook-Posting verantwortlich war. Es sei eine „rote Linie überschritten“ worden, konstatierte Kickl, wenngleich er bedaure, dass es so weit gekommen sei. Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) schaltete am Montag auch die Staatsanwaltschaft ein. Sie solle prüfen, ob sich Winter mit dem Posting strafbar gemacht hat.

Susanne Winter gehörte bisher der österreichisch-israelischen Freundschaftsgruppe im Parlament an. Treffen mit Vertretern Israels oder ein Besuch in einer Synagoge (als nächste Veranstaltung geplant) stehen bei dieser Gruppe etwa auf dem Programm. Jedoch: „Frau Winter hat mit Abwesenheit geglänzt, sie war nie da“, sagt Michaela Steinacker. Die ÖVP-Abgeordnete ist seit dieser Legislaturperiode Vorsitzende der bilateralen parlamentarischen Gruppe zwischen Österreich und Israel. Steinacker will Winter in der Gruppe nun auch nicht mehr sehen. Sie habe dort „längst nichts mehr verloren“, betont Steinacker.

Ausgangspunkt der Causa war ein Link, den Winter auf ihrer Facebook-Seite zu einem Artikel setzte. Laut diesem macht Ungarns Regierungschef, Viktor Orbán, die Finanzindustrie für die Flüchtlinge verantwortlich. Darunter schrieb ein Facebook-User: „Die Zionistischen Geld - Juden Weltweit sind das Problem. Europa und Deutschland im speziellen bekommt nun von den Zionistischen Juden und speziell von den Reichen Zionistischen Juden in den USA die Quittung für Jahrhundertelange Judenverfolgung in Europa. Europa und im Besonderen Deutschland sollen nach dem Willen der zionistischen Juden als wirtschaftliche Konkurrenz gegenüber den USA ein für alle mal ausgeschaltet werden“ (sic!).

Darauf antwortete Winter: „. . . schön, dass Sie mir die Worte aus dem Mund nehmen ;-). Vieles darf ich nicht schreiben, daher freue ich mich um so mehr über mutige, unabhängige Menschen!“ Winter erklärte, missinterpretiert worden zu sein, ihr Lob habe sich nur auf den Artikel über Orbán bezogen. Sie habe aber den Fehler begangen, das Posting des anderen Users nicht gleich zu löschen.

Winter war schon vor dem jetzigen Posting immer wieder mit Aussagen aufgefallen. So hatte die einstige Grazer FPÖ-Chefin 2008 vor einem „muslimischen Einwanderungs-Tsunami“ gewarnt und erklärt, dass der Prophet Mohammed „im heutigen System ein Kinderschänder“ wäre. Winter wurde wegen Verhetzung und Herabwürdigung religiöser Lehren verurteilt.

Wenngleich Winter jetzt gehen muss, kamen antisemitische Äußerungen in der FPÖ auch schon von prominenterer Seite. So griff etwa Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider in seiner Aschermittwochsrede 2001 den damaligen Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Ariel Muzicant, an: „Ich verstehe überhaupt nicht, wie wenn einer Ariel heißt, so viel Dreck am Stecken haben kann.“

Ein Sager, der übrigens Herbert Kickl, damals Haiders Redenschreiber, zugeschrieben wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.11.2015)

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