Mehr Freiheit für die Schulen

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Themenbild(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Direktoren sollen nach Plänen der Bildungsreformkommission ein Vetorecht bei der Lehrerauswahl erhalten, eigene Schulfächer schaffen können und mehrere Schulen gleichzeitig verwalten.

Wien. Der 17. sei für die Regierung „so eine Art Glückstag“, frohlockte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) vor Monaten. Man habe die Steuerreform am 17. März verkündet und werde die Bildungsreform am 17. November präsentieren. Nicht einmal zwei Wochen vor Auslaufen der Frist ist zwar nicht klar, ob das Datum der Regierung tatsächlich Glück bescheren wird, es sickern aber zumindest erste inhaltliche Details durch. Mit dem „Herzstück“ der Reform, dem Ausbau der Schulautonomie, ist die Koalition fast fertig, es bedarf nur noch eines Feinschliffs. Bei der Schulverwaltung muss hingegen offenbar noch immer über Grundsätzliches diskutiert werden.

1. Direktoren sollen ein Mitspracherecht bei der Lehrerauswahl haben, aber nicht völlig frei sein.

Schulen sollen mehr Freiheiten erhalten – auch bei der Personalauswahl. Konkret werden Direktoren ihre Lehrer zwar auch künftig nicht selbst aussuchen dürfen, aber zumindest ein Vetorecht bei Neuanstellungen erhalten, zitiert ORF-Radio aus dem Reformpapier. Auch für Direktoren selbst wird sich einiges ändern. Sie sollen „auf Zeit“, und zwar auf fünf Jahre befristet, berufen werden.

2. Schulen sollen eigene Fächer erfinden können. Unterricht darf jahrgangsübergreifend sein.

Auch über Inhalt und Form des Unterrichts soll zunehmend an der einzelnen Schule entschieden werden. Volksschulen dürften weniger Freiheiten als nachfolgende Schultypen haben. Die von der Regierung eingesetzte Expertengruppe zur Schulreform hat bereits im März vorgeschlagen, dass Schulen über bis zu 25 Prozent des Lehrplans selbst entscheiden dürfen – also darüber, welche Fächer sie überhaupt und in welchem Ausmaß anbieten. Der Salzburger Landeschef Wilfried Haslauer (ÖVP), der mitverhandelt, sprach gestern im Landtag davon, dass die Schulen etwa 30 Prozent des Lehrplans selbst gestalten dürfen sollen. Auch die Expertenidee, Schulen bei der Klassen- bzw. Gruppenbildung weniger Vorschriften zu machen und mehr Spielraum zu geben, dürfte aufgegriffen werden. So wird die Bildung von jahrgangs- und schulstufenübergreifenden Gruppen erleichtert.

3. Über Öffnungszeiten soll die Schule – innerhalb eines Korridors – selbst entscheiden.

Schulen sollen ihre Öffnungszeiten zwischen sieben und 18Uhr selbst festlegen können. Auch das ist ursprünglich ein Vorschlag der Expertengruppe. Diese empfahl, die Schüler vor und nach dem Unterricht zu betreuen und so zwischen Öffnungszeiten und pädagogischer Arbeit in der Schule zu unterscheiden. Außerdem sollten Schulen laut den Experten selbst über die Länge der Unterrichtseinheiten sowie über die Verteilung der Unterrichtszeit über die Wochen und Monate des Schuljahres entscheiden.

4. Der finanzielle Spielraum für Direktoren wird größer. Nicht jede Schule hat einen Direktor.

Der finanzielle Spielraum für Direktoren dürfte größer werden. Globalbudgets für den Sachaufwand – etwa für Ausstattung und Dienstreisen – sollen nicht mehr nur Bundesschulen zur Verfügung stehen, sondern auch Pflichtschulen. Mit einer Einschränkung: Einen größeren budgetären Spielraum werde es nur für jene Pflichtschuldirektoren geben, die nicht nur einen, sondern mehrere kleine Schulstandorte verwalten. Es wird also nicht jede Schule einen eigenen Direktor haben.

5. Lehrerverwaltung und Gesamtschule bleiben die strittigen Themen.

Bis zum 17. November gibt es allerdings noch einiges zu tun: Um die Beseitigung von Doppelgleisigkeiten in der Schulverwaltung wird noch gerungen. Das soll laut Haslauer bei Treffen der Reformgruppe am 15. und 16. November - einen Tag vor dem Abgabetermin - gelöst werden. Dann sollen auch die Gesamtschulmodellregionen Thema sein. Haslauer gestern etwas kryptisch: Die Vorstellung sei, dass jedes Bundesland in einem Bezirk eine solche Region einrichten könne. Es dürfe aber keine Mogelpackung werden. 

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.11.2015)

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