Asyl: Ein Zaun trennt die Regierung

REGIERUNGSKLAUSUR IN SCHLADMING: HUeTTENABEND AUF DER SCHAFALM
REGIERUNGSKLAUSUR IN SCHLADMING: HUeTTENABEND AUF DER SCHAFALMAPA/ROBERT JAEGER
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Klug gegen Mikl-Leitner, Lopatka gegen Schieder, Schieder gegen Kurz: SPÖ und ÖVP arbeiten getrennt an Plänen zur Grenzsicherung. Das spaltet die Koalition.

Wien. Es ist nicht einfach, den Überblick beim Flüchtlingsthema zu bewahren. Und die Bundesregierung macht es einem nicht zwingend leichter: Zunächst gab die rot-schwarze Koalition bekannt, Experten aus dem Innen- und Verteidigungsressort würden sich zusammensetzen und ein Konzept für die bessere Sicherung der österreichisch-slowenischen Grenze erstellen.

Am Donnerstag stellte Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) dann sein eigenes Konzept vor. Der Titel: „Alternativen zum Grenzzaun“. Der Inhalt: Die Wartezone in Spielfeld müsse vergrößert und attraktiver werden. Gleichzeitig müsse man den Flüchtlingen das Gefühl geben, die Fahrt in Quartiere oder nach Deutschland gehe geordnet weiter.

Am Freitag wurde im Innenressort wiederum ein eigenes Papier fertiggestellt. Öffentlich kommunizieren wollte man es aber erst in den kommenden Tagen. Denn – Achtung, Seitenhieb in Richtung Verteidigungsministerium – man wolle das vorher mit dem Koalitionspartner besprechen.

ÖVP: „Selbstprofilierung“

Weniger subtil ging dann der Streit zwischen den beiden Parteien am Freitag weiter: Es entwickle sich zur „fixen Idee“ in der ÖVP, einen Grenzzaun errichten zu wollen, meinte Klug. „Es ist völlig unverständlich, dass Verteidigungsminister Klug eine gemeinsame Regierungslinie torpediert, nachdem erst letzte Woche die Prüfung von baulichen Maßnahmen beschlossen wurde“, konterte der neue ÖVP-Generalsekretär, Peter McDonald. Wehrsprecher Bernd Schönegger schoss nach: „Solche populistischen Selbstprofilierungsaktionen sind absolut inakzeptabel und schaden dem Land.“

Die SPÖ ließ nicht lange auf sich warten und wehrte sich in Person von Klubobmann Andreas Schieder. In Richtung Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sagte er: „Der Geduldsfaden ist ein recht dünner.“ Was Schieder so stört, ist unter anderem, dass die Innenministerin von ihrem Durchgriffsrecht zur Schaffung von Quartieren nicht ausreichend Gebrauch mache. Das Instrument sei „nicht für die Vitrine“ gemacht worden.

Schieder: Werteschulung nicht nötig

Auch den schwarzen Außenminister, Sebastian Kurz, kritisierte Schieder: Eine Werteschulung für Flüchtlinge, wie sie sich Kurz wünscht, brauche es nicht. Man müsse vielmehr die Menschenrechte in den Mittelpunkt stellen. Die meisten Asylsuchenden seien ohnehin gekommen, um dem Islamischen Staat zu entfliehen.

ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka, eigentlich nicht für seine diplomatischen Bemühungen zwischen den Koalitionsparteien bekannt, meldete sich Freitagnachmittag zu Wort: Es sei „unbegreiflich“, wie Schieder die Regierungsarbeit durch unangebrachte Angriffe gefährde. „Statt einer Verbalschlacht brauchen wir Zusammenarbeit“, sagt er.

Die ÖVP ließ aber in einer anderen Sache ebenfalls nicht locker: Am Freitag wiederholte die Partei ihre Forderung, Grundwehrdiener in den Assistenzeinsatz zu schicken. Bisher sind rund 250 Wehrpflichtige für Unterstützungsleistungen eingeteilt (wie Essen ausgeben oder Zelte aufbauen). Das reicht der Volkspartei nicht: Sie plädiert erneut dafür, nicht nur Berufssoldaten, sondern auch Grundwehrdiener zur Unterstützung der Polizei an die Grenze zu schicken.

In der SPÖ bleibt man bei dem Nein dazu. Laut Generalstabschef Othmar Commenda komme das Heer ohnehin „mit den eingesetzten Kräften aus“. Er betonte via ORF lediglich, dass man sich auf den Worst Case vorbereite, doch zusätzliche Soldaten zu brauchen.

Dann – und nur dann – könne es zum Aufschubpräsenzdienst kommen. Grundwehrdiener müssten dann länger beim Heer bleiben. Für bis zu 5000 Wehrpflichtige kann das der Verteidigungsminister anordnen. Davon sei man aber meilenweit entfernt, meint Commenda. (ib/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.11.2015)

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