Der Vorstoß der Angestelltengewerkschaft für die 14-malige Auszahlung stößt auf breite Ablehnung. Der Minister winkt ab, die ÖVP warnt vor einem Weg in die falsche Richtung.
Wien. Mitten in die Reformpläne der rot-schwarzen Koalition für die Mindestsicherung, die frühere Sozialhilfe der Länder, platzt die Gewerkschaft der Privatangestellten mit dem Vorschlag für eine Erhöhung und eine 14- statt wie bisher zwölfmalige Auszahlung dieses Sozialgeldes pro Jahr. „Die Presse“ berichtete online, dass sich die Forderung nach einer 13. und 14. Mindestsicherung im Antragsheft für das heute, Donnerstag, zu Ende gehende dreitägige Bundesforum der Privatangestelltengewerkschaft mit dem Vorsitzenden Wolfgang Katzian (SPÖ) findet. Daraufhin trat die ÖVP erbost auf den Plan.
Kernbotschaft in den Reaktionen der Generalsekretäre des Wirtschaftsbundes und des Angestelltenbundes der ÖVP, Peter Haubner und August Wöginger, auf die Pläne für eine Art Urlaubs- und Weihnachtsgeld für Bezieher einer Mindestsicherung im Gespräch mit der „Presse“: „Das geht in die völlig verkehrte Richtung. Wir müssen alles daransetzen, dass die Leute arbeiten gehen statt in die Mindestsicherung.“
Auf SPÖ-Seite arbeitet das Sozialministerium mit dem Koalitionspartner ÖVP und den Bundesländern an einer Neuregelung der Mindestsicherung. So soll es etwa eine bundesweit einheitliche Regelung beim Vollzug geben.
Für Minister „kein Thema“
Bei Gewerkschaftsüberlegungen für eine 14-malige Auszahlung der Mindestsicherung pro Jahr winkt Sozialminister Rudolf Hundstorfer, der von 2006 bis Dezember 2008 ÖGB-Präsident war, ab. „Das ist kein Thema“, ließ er der „Presse“ auf Anfrage ausrichten. Mit der Forderung nach einer Ausweitung der Mindestsicherung, die derzeit für Alleinstehende 828 Euro und für Paare 1242 Euro monatlich ausmacht, hat die Gewerkschaft der Privatangestellten, Journalismus, Druck und Papier, die größte Teilgewerkschaft im ÖGB, jedenfalls für Zündstoff gesorgt. Die Anhebung und 14-malige Auszahlung wird damit begründet, dass so ein existenzsicherndes Einkommen gewährleistet werden solle.
Für die ÖVP ist das in der jetzigen Phase ein völlig falsches Signal. „Das können wir uns jetzt nicht leisten“, so Wirtschaftsbund-Generalsekretär Haubner. Das könne nicht durch eine Ausweitung des Systems erfolgen, man müsse dieses vielmehr effektiver gestalten, indem die Anreize, Arbeit anzunehmen, verstärkt werden.
Sein ÖVP-Klubkollege im Nationalrat, Wöginger, ein Christgewerkschafter, beutelt nur mit „völligem Unverständnis“ den Kopf über die Idee der Privatangestelltengewerkschaft: „Ich verstehe nicht, wie man so etwas fordern kann.“ Ein 13. und 14. Bezug bei der Mindestsicherung – „das wird sicher nicht kommen“, betont er.
Vielmehr gehe es um andere Anliegen: einheitlicher Vollzug in allen Bundesländern, teilweise Streichung der Leistung bei mehrmaliger Arbeitsverweigerung, vermehrte Umstellung von Geld- auf Sachleistungen, monatliche Obergrenze von maximal 1500 Euro für Familien. Wöginger rechnet vor, in Oberösterreich komme eine sechsköpfige Familie mit der Mindestsicherung auf 2080 Euro netto im Monat. Dafür müsse ein Alleinverdiener, der arbeiten geht, 3374 Euro brutto im Monat verdienen.
Der Sozialminister hat für eine Reform zeitlich etwas Spielraum erhalten. Änderungen sollen wegen der Verknüpfung mit dem neuen Finanzausgleich mit den Ländern fixiert werden. Dieser soll bis Mitte 2016 paktiert sein.
Mindestsicherung
Die frühere Sozialhilfe der Bundesländer macht für Alleinstehende bis zu 828 Euro netto im Monat aus, für Ehepaare bis zu 1242 Euro, für Kinder gibt es mindestens 149 Euro. In manchen Ländern, wie Wien, wo es 2014 rund 160.000 Bezieher einer Mindestsicherung gab, ist der Betrag für Kinder höher. Bezieher der 2010 eingeführten Mindestsicherung im erwerbsfähigen Alter müssen Arbeit annehmen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2015)