Bis zu 50.000 anerkannte Flüchtlinge werden ab nächstem Jahr eine Wohnung suchen. Nun sollen Wohnbaugenossenschaften Fertigteilhäuser errichten. Das Geld kommt aus der Wohnbauoffensive der Regierung.
Wien. Auf dem privaten Wohnungsmarkt haben anerkannte Flüchtlinge meistens keine Chance. Wer vermietet an Menschen, die noch keine Arbeit haben? Das wird mittelfristig zu einem Problem. 40.000 bis 50.000 anerkannte Flüchtlinge, sagte Flüchtlingskoordinator Christian Konrad am Mittwoch, werden demnächst eine Wohnung suchen. Gleichzeitig gibt es noch immer einen Mangel bei den Grundversorgungsquartieren, also für Menschen, die noch im Asylverfahren stecken.
Die Lösung lautet jetzt: Fertigteilhäuser. Gemeinnützige Wohnbaugenossenschaften sollen Fertigteilhäuser für Flüchtlinge errichten. Finanziert werden sollen diese über die Wohnbau-Investitionsbank (WBIB), die im Zuge der Wohnbauoffensive 2016 der Regierung geschaffen wird. Die neue Idee wurde bei einer Veranstaltung der Arge Eigenheim in Anwesenheit Christian Konrads vorgestellt – und gleich beworben. „Wir haben demnächst Gespräche mit Bürgermeistern, weil wir Liegenschaften brauchen“, sagt Konrad. Der Plan sei es, „so viele Fertighäuser wie möglich zu errichten – und in vielen Varianten: größere oder kleinere Einheiten“.
Die Idee, Fertigteilhäuser in Krisensituation aufzustellen, ist nicht neu. Bei dem Erdbeben im italienischen L'Aquila 2009 kamen die Häuser (in der Größe werden sie in Österreich von vier Firmen produziert) schon zum Einsatz, erzählt Christian Murhammer vom Österreichischen Fertighausverband. Die Fertighäuser sind schnell aufzustellen, kostengünstig (schlüsselfertig: 600.000 Euro für 16 Wohnungen) und flexibel zu nutzen. Die Fertigteilhäuser sind so angelegt, dass sie in einer billigen Variante als Grundversorgungseinrichtungen genutzt werden (wo sich die Sanitäranlagen in Containern befinden), aber danach (oder gleich) upgegradet werden können. Mit neuer Aufteilung in vollwertige Wohnungen, mit Sanitäranlagen, besserer Schalldämmung – als Startwohnung für Jungfamilien oder eben Flüchtlinge.
Idee: Gemeinden beleben
Der Mietpreis liegt zwischen sieben und acht Euro pro Quadratmeter. So will man auch Bürgermeister begeistern, die die Grundstücke bereitstellen müssen. Sie sollen mit dem günstigen Wohnraum ihre Gemeinden beleben. Etwa, wenn sie von Abwanderung betroffen sind. „Wenn eine Gemeinde immer einen Kindergarten wollte, dann kann sie im unteren Stock den Kindergarten haben und oben die Startwohnungen für Flüchtlinge“, sagt Ferry Maier, der im Team von Konrad das Projekt koordiniert. Denn der Staat steht bei der Initiative zwar mit Geld (in Form einer Haftung) dahinter, nicht aber mit der Koordination.
Wie viele Fertigteilhäuser also errichtet werden, ist offen. Im Wirtschaftsministerium betont man, dass es „kein Kontingent für bestimmte Personengruppen gibt“. Die Vergabe erfolge marktorientiert über die Banken. Auch Josef Schmidinger, Generaldirektor der S-Bausparkasse und Gesellschafter der WBIB, kann sich vorstellen, die Häuser zu finanzieren. Man müsse der Realität ins Auge sehen: „Die Menschen sind da und brauchen eine adäquate Unterkunft.“ Er glaubt aber, dass der Topf mit 5,75 Milliarden zu knapp bemessen sei. Mit dem Geld könnten 30.000 Wohnungen finanziert werden – so viele benötigt man allein durch den Rückstau bei der regulären Zuwanderung. Mit den Flüchtlingen bräuchte man doppelt so viele Wohnungen.
AUF EINEN BLICK
Konzept. Ein neues Programm soll gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften den Bau von Fertigteilhäusern schmackhaft machen. Die Fertigteilhäuser werden durch Gelder der Wohnbauinvestitionsbank finanziert. Flüchtlinge sollen so billige Startwohnungen bekommen. Die Grundstücke sollen von den Bürgermeistern zur Verfügung gestellt werden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2015)