Schönborn: „Zäune sind keine Lösung, aber . . .“

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BISCHOFSKONFERENZ IM STIFT MICHAELBEUERN: SCH�NBORN(c) APA/NEUMAYR/MMV (NEUMAYR/MMV)
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Jeder dritte Flüchtling wird von der Kirche betreut. Der Kardinal erwartet künftig noch größere Belastungen.

Wien. Die katholische Kirche hat es nicht leicht mit dem Flüchtlingszug. Nicht leicht, weil die Aufgabe des Quartierschaffens, Zusammenrückens und Betreuens sehr fordernd ist. Jeder dritte Flüchtling wird mittlerweile laut Angaben Kardinal Christoph Schönborns von einer katholischen Organisation betreut – in erster Linie von Caritas, aber auch Pfarren und Klöstern. Leicht haben es die katholischen Bischöfe auch nicht mit öffentlichen Äußerungen zu dem Thema. Da sie die radikalen Forderungen des Evangeliums kennen. Es postuliert bedingungslose Nächstenliebe und kennt keine „Fremden“.

Gleichzeitig wissen die Bischöfe um Ängste in der Bevölkerung angesichts der hohen Flüchtlingszahlen und des kaum kontrollierten Durch- und Zuzugs. Und sie ahnen, welche praktischen Schwierigkeiten und finanziellen Belastungen auf Österreich bei der Integration noch zukommen werden. So gesehen ist es verständlich, wenn Kardinal Schönborn am Freitag nach der Herbst-Bischofskonferenz auf die Fragen nach den Grenzzäunen, die zeitgleich Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) angekündigt hat, so antwortet: „Zäune sind keine Lösung“, sie seien aber, um einen zu großen Andrang zu verhindern und Flüchtlinge zu schützen, „als provisorisches Mittel zulässig“.

Wenig später versucht er zunächst einer klaren Antwort auf die Frage auszuweichen, wie nahe Österreich an seiner Grenze der Belastbarkeit stehe. Schönborn: Österreich werde sich einer Belastung durch das globale „Flüchtlingsdrama“ nicht entziehen können. An dem Europa zum Teil selbst schuld sei. Die Not in Afrika sei nicht nur durch Klima oder andere lokale Gegebenheiten bedingt, sondern auch durch eine Wirtschaft, von der Franziskus gemeint habe: „Diese Wirtschaft tötet.“ Generell meint Schönborn: „Die Belastung wird sicher noch größer werden.“ Um später, im Zusammenhang mit Quartieren im kirchlichen Bereich, festzustellen: „An manchen Stellen sind wir an der Obergrenze, an anderen ist noch, wie Michael Landau (Caritas-Chef, Anm.)sagt, Luft nach oben.“

Gleichzeitig betonen die Bischöfe in ihrer Erklärung, Verantwortungsträger in Politik und Gesellschaft müssten Sorgen aufgreifen und diffuse Ängste nehmen. Ohne eine Partei zu nennen, heißt es im Papier wörtlich: „Wer Österreich liebt, spaltet es nicht.“

Die Bischöfe nehmen aber auch Asylsuchende und Zuwanderer in die Pflicht. Diese müssten die Geltung der Menschenrechte und der Verfassung der Republik anerkennen.

Integrationsziel „Liebe zu Österreich“

Neben der Religionsfreiheit wird in dem Zusammenhang sowohl die Gleichstellung von Mann und Frau als auch das Ziel aller Integration genannt: „Ziel muss die Liebe zu Österreich sein, die die Menschen in diesem Land verbindet.“ Um die Bedeutung des Flüchtlingsthemas auch personell abzubilden, wurde dafür ein neuer Aufgabenbereich definiert. Eisenstadts Bischof, Ägidius Zsifkovics, übernimmt die Leitung. (d. n.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.11.2015)

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