Bundesheer: Ein Minister, der kein Geld will

Verteidigungsminister Gerald Klug.
Verteidigungsminister Gerald Klug.(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Verteidigungsminister Gerald Klug sieht Terror und Flüchtlingsströme nicht als Anlass, höhere Mittel zu fordern. Im Gegensatz zur ÖVP, die auch die Kasernenverkäufe stoppen will.

Wien. Terror und Flüchtlingsströme in Europa – ist angesichts dieser Herausforderungen das Bundesheer gut genug aufgestellt? Ja, sagt der Verteidigungsminister. Im Gegensatz zu Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) nutzt Gerald Klug die aktuellen Entwicklungen nicht dazu, um eine Verbesserung seiner Resourcen zu erreichen. In seinem Kabinett verweist man auf das im Vorjahr schon vor der aktuellen Krise beschlossene Sonderinvestitionspaket von 616 Millionen Euro. Damit seien Investitionen in Truppe und Ausrüstung möglich.
Sein wichtigster Mitarbeiter ist nicht ganz dieser Meinung.

Die heimischen Sicherheitskräfte seien für die neuen Herausforderungen „nicht ausreichend aufgestellt“, sagte Generalstabschef Othmar Commenda bei einer Veranstaltung des Verteidigungsministeriums. Mehr wollte der oberste Offizier dazu auch auf Nachfrage nicht sagen – wohl auch, um nicht einen neuerlichen Konflikt mit seinem Minister anzuzetteln.

Dabei stößt die vornehme Zurückhaltung Klugs schon auf ziemliches Unverständnis – nicht nur in Bundesheerkreisen und in Teilen der Opposition, sondern auch beim Koalitionspartner. „Jetzt nicht auf den Tisch zu klopfen und höhere Mittel zu verlangen ist fahrlässig und verantwortungslos“, sagt ÖVP-Wehrsprecher Bernd Schönegger. „Ganz Europa rüstet jetzt bei der inneren Sicherheit und bei der Landesverteidigung auf.“ Nur der österreichische Verteidigungsminister „will kein Geld fürs Heer“.

ÖVP: Kasernenverkauf stoppen

Jetzt sei es an der Zeit, umzukehren und die Situation neu zu bewerten. Dies gelte auch für die im Vorjahr beschlossenen Strukturmaßnahmen. „Das ist sofort zu stoppen“, sagt Schönegger. „Wir sind beim Personal und bei den Kasernen an der Untergrenze angekommen.“ So habe sich der Verkauf der Kasernen als Fehler herausgestellt. Denn sie würden jetzt gebraucht: Als Flüchtlingsunterkünfte, als Rückzugsbereich für die Soldaten und für die Ausbildung der Miliz.

Auch andere Sparmaßnahmen hätten sich jetzt schon als Fehler herausgestellt: Jetzt würde man etwa jene Feldküchen benötigen, die vor zehn Jahren um 40.000 Euro angeschafft und nun mit einem Ausrufpreis von 400 Euro versteigert werden. Und den Wunsch der Steiermark, in Spielfeld ein Feldspital zu errichten, habe das Heer auch nicht erfüllen können, weil wichtige Teile davon schon verkauft sind.

Zusätzliche Mittel werden allein schon für den Assistenzeinsatz benötigt, der nach Schätzung Schöneggers 100 Millionen Euro an zusätzlichen Personalkosten erfordern wird. Den Assistenzeinsatz muss sich das Bundesheer – im Gegensatz zu Unterstützungsmaßnahmen für das Innenressort – selbst bezahlen. Notwendig seien aber auch zusätzliche Ausrüstungen für Soldaten, die bei Terrorgefahr zum Einsatz kommen, etwa Stichschusswesten oder Helme. Und es fehlen dem Heer Transportkapazitäten. Neue Fahrzeuge müssten angeschafft werden.

Auch der Präsident der Offiziersgesellschaft, Erich Cibulka, sieht die Notwendigkeit und auch großes Verständnis in der Öffentlichkeit, dem Heer jetzt zusätzliche Resourcen zur Verfügung zu stellen. Er sieht vor allem eine sehr dünne Personaldecke: Von den 16.000 Berufssoldaten gehören 2200 zu den Kaderpräsenzeinheiten, die jetzt zum Einsatz kommen. Sie müssen bei längerer Dauer des Assistenzeinsatzes von anderen Kadersoldaten abgelöst werden, die dann aber bei der Ausbildung von Grundwehrdienern fehlen. Die Miliz wird zwar eingesetzt, aber nur auf freiwilliger Basis.

Keine Grundwehrdiener an die Grenze

Völlig unverständlich ist für Cibulka, wie auch für Schönegger, dass man keine Grundwehrdiener heranziehe. Mit entsprechender Vorbereitung könne man sie „guten Gewissens“ einsetzen, so Cibulka, der die Frage stellt, was sonst der Sinn der Ausbildung sein soll. Verteidigungsminister Klug sieht das anders: Es werde keine Rekruten im Grenzeinsatz geben, legte er sich am Donnerstag nochmals fest. Man vertraue auf die Profis von Bundesheer und Polizei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2015)

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