Grüne: Dämpfer für Eva Glawischnig

Eva Glawischnig
Eva Glawischnig(c) APA/GERT EGGENBERGE
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Mit 84,9 Prozent erreichte die grüne Bundessprecherin ihr bisher schlechtestes Ergebnis. Dem Wunsch nach Umwandlung in eine linkspopulistische Partei erteilte sie eine Absage.

Villach. Die Grünen haben Eva Glawischnig am Sonntag erneut zu ihrer Bundessprecherin gewählt, wenn auch mit dem bisher schlechtesten Ergebnis. Die neue alte Grünen-Chefin verteidigte beim Bundeskongress in Villach ihre Linie, die auf eine Regierungsbeteiligung im Bund und das Fernhalten der FPÖ von der Macht abzielt.

Vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise und des Zulaufs zur FPÖ, des Verlusts der Regierungsbeteiligung in Oberösterreich und des schwachen Ergebnisses in Wien samt den darauf folgenden internen Debatten erhielt Glawischnig – ohne Gegenkandidaten – 84,96 Prozent der Delegiertenstimmen. Erstmals zur Bundessprecherin war sie 2009 mit 97,4 Prozent gewählt worden. 2010 wurde sie mit 96 Prozent bestätigt, 2012 mit 93,36 Prozent. Glawischnig war dennoch sichtlich erfreut und nahm die Wahl an. Von den Delegierten gab es Standing Ovations.

„Ich denke, 85 Prozent für eine grüne Bundessprecherin bei der vierten Wahl sind sehr in Ordnung“, meinte sie danach vor Journalisten. Sie habe klare Ansagen getroffen und dafür einen klaren Auftrag bekommen. „Ich fühle mich sehr gut unterstützt.“

Im Hearing vor der Abstimmung unter den Anwesenden hatte Glawischnig um Vertrauen für die kommenden drei Jahre geworben. Für eine Richtungsdiskussion (Stichwort: politische Profilierung vs. Populismus vs. Wohlfühlwahlkampf) zeigte sie sich offen, allerdings – bei aller Breite der inneren Auseinandersetzung – nur bis zu einer gewissen Grenze. „Ich finde, unsere grüne Seele ist nicht austauschbar.“

Kritik an Peter Pilz

Sich über „Kerzerlsteher an der Grenze“ zu mokieren, wie es Sicherheitssprecher Peter Pilz im Interview mit der „Presse“ getan hatte, sei „verächtlich“ und „Zynismus“. „Wir sind als Grüne eine progressive linksliberale Partei“, unterstrich Glawischnig. „Ich hoffe, dass wir uns da einig sind.“

Dass es „extreme innere Auseinandersetzungen“ gibt, räumte Glawischnig ein. Die Grünen seien als Widerstandsbewegung mit ökologischer Grundausrichtung gestartet, gleichzeitig aber auch Konzept- und inzwischen auch eine Gestaltungspartei, begründete sie dies.

Sie wolle „diese Regierung umdrehen. Ich glaube, dass das sonst niemand kann und wird“, so die Bundessprecherin in Hinblick auf die spätestens 2018 anstehende Nationalratswahl. Ihre Einstellung sei klar: „Ich möchte keine Blauen in der österreichischen Bundesregierung haben.“ Die Herausforderungen seien groß, denn man sehe, „wie dieses Altparteiensystem zerfällt und sich viele in Angst und Sorge nicht einer progressiven Partei zuwenden“. Auf SPÖ und ÖVP sei in Sachen Koalition mit der FPÖ kein Verlass.

Rettungsringe für Flüchtlinge

Begonnen hatte der Bundeskongress am Samstag, zunächst stand das Gedenken an die Terroropfer von Paris im Mittelpunkt. Glawischnig zeigte sich erschüttert, plädierte aber umso mehr für Offenheit gegenüber Flüchtlingen und gegen eine Abschottung Europas. „Lasst uns den Schutzsuchenden Rettungsringe zuwerfen“, sagte sie. „Scharfmachern“, speziell FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, erteilte sie eine Absage. Einstimmig angenommen wurde ein Leitantrag zum Thema Bildung.

Beim Bundeskongress standen neben der Position der Bundessprecherin auch fünf Sitze im Bundesvorstand der Partei zur Wahl. Nicht mehr mit dabei ist dadurch der Salzburger Landesgeschäftsführer Rudolf Hemetsberger. Erneut gekürt wurden Ingrid Felipe (Landeshauptmann-Stellvertreterin in Tirol), die Wiener Nationalrätin Alev Korun (bisher kooptiert), der Wiener Rathaus-Klubobmann David Ellensohn, die burgenländische Landessprecherin Regina Petrik und die Grazer Stadträtin Lisa Rücker. (APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2015)

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