Ministerstreit um das Integrationsgeld

NATIONALRAT: SCHELLING
NATIONALRAT: SCHELLING(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Finanzminister Hans Jörg Schelling steht vor einem Problem: Mit den 75 Millionen, die es zu verteilen gibt, kann er bei Weitem nicht alle Wünsche seiner Regierungskollegen erfüllen.

Wien. Spannend seien die Verhandlungen um den Integrationssondertopf, sagte Johanna Mikl-Leitner in der Vorwoche, dabei neigt die Innenministerin normalerweise nicht zu Untertreibungen. Hinter den Regierungskulissen ist von einem Ministerstreit die Rede, einem ziemlich ungemütlichen, in dem Finanzminister Hans Jörg Schelling den Verteiler und Schiedsrichter in Personalunion gibt. Oder geben muss.

75 Millionen, die für die Integration der Flüchtlinge im nächsten Jahr reserviert wurden, müssen zwischen den Ressorts verteilt werden. Und die Erkenntnis nach den ersten Gesprächen lautet: Entweder die Ministerien schrauben ihre Ansprüche zurück – oder man wird mit dem Geld nicht auskommen.

Allein Mikl-Leitner hat Projekte um 30 Millionen Euro angemeldet. Die eine Hälfte soll in Sprachkurse fließen, mit der anderen will sie die Kürzungen beim Zivildienst kompensieren. Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek hätte gern 25 Millionen, um damit Sprachkurse und mobile Einsatzteams aus Pädagogen und Sozialarbeitern zu finanzieren. Sozialminister Rudolf Hundstorfer, Verteidigungsminister Gerald Klug und Integrationsminister Sebastian Kurz haben sich öffentlich noch nicht geäußert. Ihre Ansprüche sollen aber auch nicht gerade bescheiden sein.

60 Millionen Euro für Kurz?

In Hundstorfers Verantwortung fällt mit dem Arbeitsmarktservice eine – wenn nicht die – zentrale Integrationsstelle. Das Bundesheer ist im Flüchtlingstransport intensiv eingesetzt. Und Kurz hat erst in der Vorwoche einen Integrationsplan für die Flüchtlinge, bestehend aus 50 Maßnahmen, vorgestellt (wobei er alle Ministerien betrifft). Zuletzt machte das Gerücht die Runde, Kurz hätte gar 60 Millionen Euro für sich beansprucht. Vom Finanzministerium wird das allerdings nicht bestätigt. Das Büro des Außenministers nennt gegenüber der „Presse“ nur eine Zahl: Für die geplanten Wertekurse brauchte man einen „mittleren bis hohen einstelligen Millionenbetrag“.

Die Deutschkurse werden dagegen auf mehrere Kostenstellen aufgeteilt. 70 Prozent bietet das AMS an, finanziert vom Sozialministerium, 20 Prozent machen die Länder, vier der Österreichische Integrationsfonds, der beim Integrationsministerium eingerichtet ist, und vier das Integrationsministerium selbst. Die restlichen zwei Prozent entfallen auf das Innenministerium.

Die Gesamtkosten für die Deutschkurse lassen sich vorerst nur abschätzen. 2015 wurden die Mittel zweimal aufgestockt, von anfangs 30 auf über 50 Millionen Euro. Das entspricht in etwa 50.000 Plätzen. Heuer kommt man damit durch, weil nur Asylberechtigte – die Anerkennungsquote liegt bei 40 Prozent – Deutschkurse besuchen dürfen und die Kinder ohnehin in den Schulen Deutsch lernen. 2016 aber werden nicht nur mehr, nämlich rund 130.000 Flüchtlinge, erwartet (im ganzen Jahr 2015 rechnet man mit 95.000). Die Regierung überlegt auch, das Deutschkursangebot auf Asylwerber auszuweiten, zumindest auf jene, die gute Chancen auf ein Bleiberecht haben, etwa Syrer.

Gipfel mit Landeshauptleuten

Schelling muss bei der Vergabe der Mittel Rücksprache mit dem Kanzleramt halten. Zeitdruck habe man keinen, heißt es aus dem Finanzministerium. Offene Punkte können notfalls auch noch im Jänner geklärt werden, denn da ist eine Regierungsklausur zur Integrationspolitik geplant. Dem Vernehmen nach sollen auch die Landeshauptleute dazugebeten werden, die Klausur würde dann unter dem Titel „Integrationsgipfel“ laufen.

Über den Sondertopf hinaus bekommt das AMS jedenfalls 70 Millionen für Arbeitsmarktmaßnahmen. Und 1,8 Millionen sind für das „Integrationsjahr“ vorgesehen: Asylberechtigte sollen, nach Vorbild des freiwilligen Sozialjahrs, bei einer NGO mitarbeiten können.

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