Figaros Hochzeit: Getreten wird immer nach unten

Bassbariton Adam Plachetka
Bassbariton Adam Plachetka(c) Michael Poehn/Wiener Staatsoper
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Adam Plachetka als Graf und Aida Garifullina als Susanna führten den Reigen an Mozart-Rollendebüts in der Wiener Staatsoper an.

Adam Plachetka ist der soziale Aufstieg geglückt: Man kennt ihn an der Staatsoper als kernigen Figaro, doch nun hat er sich Leporellos „non voglio piu servir“ zu eigen gemacht und ist zum Grafen avanciert. Mit der neuen Aufführungsserie der Mozart-Oper hat das Haus am Ring ein Füllhorn an Rollendebüts ausgeschüttet, und das von Plachetka fiel besonders erfreulich aus. Er gibt einen Grafen von ausgesuchter Widerwärtigkeit, mit manifestem Hang zur Gewalt, und er bringt dafür auch die nötige stimmliche Autorität mit, in herrischem Forte, aber auch in raffiniert eingefärbten Piano-Passagen, die das Fiese dieser Figur, die „Vergebung“ sagt und „Sex“ meint, so recht hervortreten lässt.

Fast schade, dass es sich nicht ausgeht, gleichzeitig auch den Figaro zu singen, denn Alessio Arduini – wie Plachetka Ensemblemitglied - erfreut zwar mit schöner Phrasierung (und zeigt, dass auch ein Figaro nach „unten“ zu treten weiß, wie er es von „oben“ abbekommt) ist seinem „Herrn“ in Sachen Stimmkraft aber nicht gewachsen. Die Hoffnung, er habe sich Energie für Akt Drei und Vier aufgespart, hat sich nicht ganz erfüllt.

Garifullina: Eine Susanna aus dem Buch

Aber seine Braut! Aida Garifullina, ebenfalls aus dem Hause, ist eine Susanna, wie sie im (Bilder)Buch steht. Ihr so charmanter wie agiler Sopran spielt alle Stückerln, die diese Partie verlangt: gewitzt und spitz, schmeichelnd und schmachtend, frech und fordernd, immer im rechten Maß. Sie wirkt stärker mit ihrer Rolle im Reinen als das bei ihrer gräfliche Herrin der Fall ist. Veronique Gens bringt in ihren intensiven Sopran anfangs einige unproduktive Unruhe. Es ist ja auch verteufelt schwer: Man kommt erst mit Akt Zwei auf die Bühne und soll mit der Cavatina „Porgi amor“ ansatzlos die Zeit zum Stillstand bringen. Sukzessive rundet sich die Stimme aber ab, und ihr Spiel ist bezaubernd.

Von rund kann beim Cherubino Elena Maximovas leider gar keine Rede sein. Ihr kräftiger Mezzo ist für diese Rolle viel zu herb, in der das stimmliche Betören die Aufgabenstellung wäre. Besetzungstechnisch keine gute Idee.

Der Rollendebüt-Reigen (zu erwähnen ist noch speziell der gewohnt profunde Dan Paul Dumitrescu als vielleicht etwas gar gemütlicher Bartolo) wurde von James Gaffigan am Pult überwacht, der, von gelegentlich zu dickem Klangauftrag abgesehen, einen soliden Figaro dirigierte, wie man das in Wien auch mindestens erwarten darf. Manche Feinheit, manchen Witz der daran so überreichen Partitur, blieb er aber schuldig.

Vorstellungen noch am 30. November und 3. Dezember.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.11.2015)

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