Koalition in Wien: Risse im rot-grünen Fundament

ROT-GR�NE KOALITION IN WIEN: PK / H�UPL; VASSILAKOU
ROT-GR�NE KOALITION IN WIEN: PK / H�UPL; VASSILAKOU(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Die SPÖ hat im 15. Bezirk nach fünf Jahren die Zusammenarbeit mit den Grünen beendet. Nach den Startschwierigkeiten der neuen Koalition geht der Riss nun durch die Basis.

Wien. Nach fünf Jahren ist Schluss, SPÖ und Grüne gehen getrennte Wege. Die Rede ist nicht von der ersten rot-grünen Koalition auf Landesebene, die nach der Wien-Wahl vom 11. Oktober in die Verlängerung geht, sondern von dem Fundament der rot-grünen Zusammenarbeit. Also von den Bezirken, die das Koalitionsabkommen tragen, leben und umsetzen müssen. Konkret haben SPÖ und Grüne ihre Zusammenarbeit im 15. Bezirk (Rudolfsheim-Fünfhaus) beendet, was symptomatisch für den Fehlstart der rot-grünen Koalition ist, bei dem ein Koalitionsabkommen völlig anders interpretiert wird (Stichwort: Lobau-Tunnel) und Bürgermeister bzw. Stadträte bei ihrer Wahl im Gemeinderat nicht einmal auf jene Stimmen kommen, die Rot-Grün besitzt – womit die Spitzen von Rot-Grün von den eigenen Leuten vom Stimmzettel gestrichen wurden.

„Kein fairer Umgang“

Es habe keinen fairen Umgang mehr gegeben, beklagt Gerhard Zatlokal, SPÖ-Bezirksvorsteher von Rudolfsheim-Fünfhaus gegenüber der „Presse“: „Man braucht für eine Partnerschaft Vertrauen. Daher haben wir entschieden, dass wir im Gegensatz zu 2005–2010 nun das Spiel der freien Kräfte haben werden.“ Nachsatz: „In einer Partnerschaft bespricht man Angelegenheiten gemeinsam und prescht nicht vor, um über die Öffentlichkeit oder Medien Druck (auf die SPÖ; Anm.) auszuüben.“ Auch, dass die Grünen der SPÖ „undemokratisches Verhalten“ vorgeworfen und sich laut Zatlokal öffentlich gegen Projekte gestellt hätten, die die Grünen mitbeschlossen hätten, hätte die Zusammenarbeit auf Bezirksebene beendet. Für ihn sind die Grünen nicht paktfähig, weshalb es nun keine rot-grüne Zusammenarbeit in dem Bezirk mehr gibt.

Grüne-Klubobmann Christian Tesar kann die rote Kritik nicht nachvollziehen: Zatlokal habe ihm nach der Wahl in einem Vieraugengespräch erklärt, es werde keine Kooperation mit den Grünen geben, und das nur mit „unfairen Aktionen“ der Grünen begründet. „Bei so einer Begründung wird es schwierig. Da möge die SPÖ auch vor ihrer eigenen Tür kehren“, so Tesar in Anspielung auf SPÖ-Aktionen, die von den Grünen nicht gerade als besonders positiv wahrgenommen wurden: „Aber vielleicht war das Tempo der Grünen der SPÖ einfach zu schnell.“

Warum die regionalen rot-grünen Bezirksturbulenzen im 15. Bezirk brisanter sind, als sie auf den ersten Blick scheinen? Koalitionen auf Bezirksebene sind laut Stadtverfassung nicht vorgesehen. Die stärkste Partei stellt automatisch den Bezirksvorsteher, dieser muss sich Mehrheiten für Projekte suchen. In der Praxis ist das kein Problem, sind Bezirksagenden meist Sachfragen und nicht politisch oder ideologisch aufgeladen. Dort geht es zum Beispiel um die Frage, wo eine Einbahn kommt, wo ein Spielplatz entsteht, ob ein Radweg gebaut wird etc.

„Gegen rot-grüne Kooperation“

Nur: Als 2010 die erste rot-grüne Koalition auf Landesebene aus der Taufe gehoben wurde, erklärten Bürgermeister Michael Häupl und seine grüne Vizebürgermeisterin, Maria Vassilakou: Man strebe auch auf Bezirksebene eine Zusammenarbeit an, die in einem Arbeitsübereinkommen für die Bezirke münden soll. In vielen Bezirken wurde das umgesetzt. So hatten etwa in Währing SPÖ und Grüne Seite an Seite gegen ÖVP-Bezirkschef Karl Homole gekämpft, der sich (nach zweimaliger Befragung der Bezirksbevölkerung) der Einführung des Parkpickerls verweigert hatte. Nun, nachdem Homole abgewählt worden ist und das Parkpickerl nicht mehr blockieren kann, wird es eingeführt.

Im 15. Bezirk zeigen sich jedenfalls weitere Risse innerhalb von Rot-Grün, die durch die Basis gehen – nachdem bereits die Neuauflage der rot-grünen Koalition mit Missverständnissen gestartet ist. Andrea Kalchbrenner (Penzing), Sprecherin der roten Bezirksvorsteher zur „Presse“ über rot-grüne Kooperation auf Bezirksebene: „Ich persönlich bin in meinem Bezirk dagegen. Ich rede mit allen und suche Mehrheiten. Damit bin ich seit 15 Jahren sehr gut gefahren.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2015)

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