Amtsverlust: Fünf Parteien einigen sich auf verschärfte Regeln

Mit sechs Monaten unbedingter Haft bzw. zwölf Monaten bedingt sollen Abgeordnete das Mandat verlieren.

Fünf der sechs Nationalratsparteien - mit Ausnahme der Grünen - haben sich auf verschärfte Regeln für den Amtsverlust geeinigt: Mit sechs Monaten unbedingter Haft bzw. zwölf Monaten bedingt sollen Abgeordnete das Mandat verlieren. Diese Regelung wird auf alle obersten Organe ausgeweitet, also auch Bundespräsident und Regierungsmitglieder (Bund und Land). Volksanwälte sollen abwählbar werden.

Der Entwurf ist eng an frühere ÖVP-Vorschläge angelehnt. Der frühere Zweite Nationalratspräsident Fritz Neugebauer (ÖVP) hat noch kurz vor der Wahl 2013 versucht, strengere Regeln zu erreichen, aber die SPÖ stimmte nicht zu. Ein neuer Vorstoß nach der "Affäre Winter" scheint erfolgreicher. In kurzer Zeit einigten sich zumindest fünf Parteien und gaben einen Antrag in Begutachtung.

Dieser unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von den alten ÖVP-Vorschlägen: Amtsmissbrauch und Korruption führen nicht in jedem Fall zum Mandatsverlust, auch hier ist bei Strafen unter sechs bzw. zwölf Monaten keine Konsequenz vorgeschrieben.

"Strenger Verhaltensstandard" für Politiker

Erklärtes Ziel des Entwurfes ist, alle Politiker Österreichs einem "gemeinsamen strengen Verhaltensstandard" zu unterwerfen. "Im Besonderen sollen 'Politiker' im weitesten Sinne sensibilisiert und dazu angehalten werden, im Falle ihres Fehlverhaltens ihr Mandat bzw. ihr Amt sofort zurückzulegen, bevor es zu einer dauerhaften Beschädigung ihres Amtes und der Politik im Allgemeinen kommen kann", steht in den Erläuterungen.

Die neuen Verfassungsbestimmungen sollen nicht nur für den Nationalrat und die Bundesorgane gelten, sondern auch Mindeststandard für die Länder sein: Sie müssen für ihre Landtage und Landesregierungen zumindest ebenso strenge Regeln erlassen oder können auch noch schärfere Grenzen ziehen.

In Summe gilt der neue Verhaltensstandard damit für Abgeordnete, Präsidenten bzw. Vizepräsidenten des Nationalrates, des Bundesrates und der Landtage, die EU-Parlamentarier, den Rechnungshof-Präsidenten, die Mitglieder der Volksanwaltschaft, den Bundespräsidenten sowie die Mitglieder von Bundes- und Landesregierungen (inklusive Staatssekretäre). Ihnen allen soll künftig vom VfGH das Mandat oder das Amt aberkannt werden, wenn sie während der Amtsführung die Wählbarkeit verlieren - und zwar auf Antrag des zur Kontrolle berufenen Vertretungskörpers.

Das sind auf Bundesebene Nationalrat und Bundesversammlung (beim Bundespräsidenten). Im Nationalrat sind die Präsidenten für den Antrag beim VfGH zuständig. Werden sie nicht tätig, kann der Nationalrat mit Mehrheit einen Antrag beschließen - und geschieht auch das nicht, kann sich ein Drittel der Abgeordneten an den VfGH wenden.

Ansatzpunkt des Amtsverlustes ist die Wählbarkeit. Schon jetzt verlieren Abgeordnete ihr Mandat, wenn sie die Wählbarkeit verlieren. Dies wird nun auf alle obersten Organe ausgedehnt, auch RH-Präsidenten und Volksanwälte werden ausdrücklich einbezogen. Und in Anlehnung an das Beamtendienstrecht wird das Kriterium etwas schärfer: Die Wählbarkeit ist nicht erst mit Verurteilung wegen einer mit Vorsatz begangenen Tat zu mehr als einjähriger unbedingter Freiheitsstrafe verloren - sondern schon bei sechs Monaten unbedingt bzw. einem Jahr bedingt.

Bei den Volksanwälten wird eine weitere Lücke geschlossen, über die vor Jahren wegen so mancher Äußerung des FPÖ-Volksanwaltes Ewald Stadler immer wieder diskutiert wurde: Auch Volksanwälte werden künftig nicht nur vom Nationalrat gewählt, sondern auch mit einfacher Mehrheit abberufen werden können - ebenso wie jetzt schon der RH-Präsident. Und es wird klargestellt, dass auch Staatssekretäre dem Nationalrat direkt verantwortlich sind. Das heißt dass auch gegen sie beim VfGH eine Ministeranklage wegen schuldhafter Gesetzesverletzung in Ausübung des Amtes möglich ist.

Ganz auf Nummer sicher gehen will man, was wegen Verurteilung des Amts enthobene Regierungsmitglieder betrifft: Ihnen wird die Rückkehr auf ihr (meist bei Angelobung zurückgelegtes) Nationalratsmandat untersagt.

Nicht dabei sind die Grünen, sie wollen noch schärfere Bestimmungen. Justizsprecher Albert Steinhauser bleibt bei den alten Forderungen der Grünen: Mandatsverlust bei jeder unbedingten Haft und auch nach bedingter Strafe für gewisse Delikte wie Korruption, Amtsmissbrauch und Verhetzung.

(APA)

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