Außengrenzen sichern, um Schengen zu retten

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Griechenland erklärt sich bereit, EU-Hilfe anzunehmen. Kommission legt Grenzschutzpaket vor.

Wien/Brüssel. „Sehr unbefriedigend“ nennt Thomas de Maiziere den Status quo beim Schutz der EU-Außengrenze – doch selbst dieser Befund dürfte als glatte Untertreibung durchgehen: Sämtliche Vorhaben der Union, die nicht abreißen wollende Zuwanderung nach Europa von Griechenland und Italien aus in geordnete Bahnen zu lenken, laufen bisher bekanntlich ins Leere. Entsprechend gereizt war die Stimmung, als der deutsche Innenminister am gestrigen Freitag mit seinen Ressortkollegen in Brüssel zusammentraf, um über das weitere Vorgehen in der Flüchtlingskrise zu beraten.

Der grenzfreie Schengen-Raum, darüber sind sich die Mitgliedstaaten einig, kann jedoch nur erhalten bleiben, wenn in absehbarer Zeit ein funktionierender Außengrenzschutz etabliert wird. Besonders Griechenland, das EU-Hilfe bisher ausgeschlagen hat, gilt in dieser Frage als Sorgenkind.

„Ein wichtiger Schritt“

Chaotische Zustände in den Flüchtlingslagern und die heillose Überforderung der Behörden mit der Registrierung der Ankömmlinge – allein seit 1. November sind 50.000 Menschen in dem Mittelmeerland gestrandet – haben den Geduldsfaden der EU-Partner bis aufs Äußerste strapaziert: Zuletzt waren sogar Gerüchte über einen Schengen-Rauswurf des Landes laut geworden. Am Donnerstagabend lenkte die Regierung in Athen schließlich ein und bat die EU-Kommission um Zelte, Betten und Medikamente. Außerdem sollen Beamte der Grenzschutzagentur Frontex bei der Registrierung der Flüchtlinge helfen; eine schnelle Eingreiftruppe soll die Inseln in der Ägäis schützen. Dies sei ein „wichtiger Schritt in die richtige Richtung“, hat Innenministerin Johanna Mikl-Leitner gestern in Brüssel betont – wenngleich es damit freilich nicht getan ist. Von den elf in Griechenland und Italien geplanten Hotspots, die eigentlich schon Ende November voll funktionsfähig hätten sein sollen, wurden bisher nur zwei tatsächlich eröffnet: einer auf Lesbos und einer auf Lampedusa. Die Kommission hofft nun darauf, dass es bis Ende des Jahres „konkrete Fortschritte“ gibt; genaue Zeitangaben will diesmal aber niemand machen.

Konsequent registrieren

Dafür wird die Brüsseler Behörde noch vor dem EU-Gipfel am 17./18. Dezember ein Maßnahmenpaket für einen gemeinsamen europäischen Grenzschutz vorstellen. Die Pläne sehen vor, künftig alle ankommenden Zuwanderer konsequent zu registrieren. Ist ein EU-Staat dazu nicht in der Lage, soll die EU-Grenzschutzagentur Frontex die Aufgabe übernehmen – was einem Durchgriffsrecht auf die nationalen Behörden gleichkäme. Die Ankündigung dieser Notmaßnahme soll vorerst wohl auch jene Regierungsvertreter ruhigstellen, die bereits laut über ein „Mini-Schengen“ nachdenken.

Dennoch wurde beim gestrigen Innenministerrat die Möglichkeit erwogen, Artikel 26 des Schengen-Grenzkodex zu aktivieren, der „im Fall außergewöhnlicher Umstände, unter denen das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Grenzen insgesamt gefährdet ist“, Grenzkontrollen für bis zu zwei Jahre wieder erlaubt. Beim EU-Gipfel Mitte Dezember will die Kommission den Staats- und Regierungschefs einen Bericht über das Funktionieren von Schengen vorlegen – gemeinsam mit einem Zwischenbericht zu den Hotspots und der mehr als schleppend laufenden Flüchtlingsverteilung von 160.000 Menschen auf die EU-Mitgliedstaaten.

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