Faymann auf Distanz zu Notstandsgesetz

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Faymann hat Vorbehalte gegen Regelung für Ausnahmezustand. Der Kanzler will mit bestehenden rechtlichen Möglichkeiten das Auslangen finden.

Wien/Spielfeld. Nicht weniger als 37 Punkte standen am Donnerstag in der letzten Sitzung des Nationalrats vor Weihnachten auf der Tagesordnung. In der Früh war zuerst jedoch Bundeskanzler Werner Faymann bei einer Fragestunde an der Reihe. Dabei wurde er von den Abgeordneten besonders wegen der Flüchtlingskrise und der Folgen der Pariser Terroranschläge in die Zange genommen.

In diesem Zusammenhang machte der Regierungschef kein Hehl aus seinen Vorbehalten gegen strengere gesetzliche Voraussetzungen für den Fall eines staatlichen Notstandes und Ausnahmezustandes, mit denen Bürger- und Freiheitsrechte eingeschränkt würden. „Ich sehe andere Möglichkeiten“, stellte Faymann fest. Er trat dafür ein, mit bestehenden rechtlichen Möglichkeiten das Auslangen zu finden.

In Österreich gibt es die Möglichkeit, dass der Bundespräsident mittels Notverordnungen in Krisensituationen einschreitet. Das Bundesheer kann zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung beigezogen werden.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hatte nach der Verhängung des Ausnahmezustandes in Frankreich entsprechende gesetzliche Regelungen prüfen wollen. Faymann ging dazu deutlich auf Distanz: Das sei lediglich „eine Idee in einer Diskussion“. Es gebe jedoch keine Regierungsvorlage: „Eine derartige liegt nicht auf meinem Schreibtisch.“ Außerdem machte er ausdrücklich aufmerksam, dass dafür eine Zweidrittelmehrheit – und damit die Zustimmung der Opposition – im Parlament notwendig wäre.

Im Gegensatz dazu liegt der Vorstoß von Justizminister Wolfgang Brandstetter, der wie Mikl-Leitner für die ÖVP in der Bundesregierung sitzt, für ein einheitliches Asylrecht in der EU voll auf der Linie des Bundeskanzlers. „Ich unterstütze diese Initiative, ich begrüße das sehr“, betonte er. Zugleich bremste er freilich Hoffnungen auf eine rasche Einigung auf eine gemeinsame Flüchtlingspolitik wegen der Bedenken in einigen EU-Staaten: „Diese Widerstände sind deutlich spürbar.“ Brandstetter hat diese Woche bei einem EU-Ministertreffen in Brüssel einen Plan vorgelegt, um Regeln für Asylanträge, Prüfkriterien sowie Standards bei der Grundversorgung von Flüchtlingen zu vereinheitlichen.

Bis zu 57 Millionen für Türkei

Im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise verteidigte Faymann den Pakt beim EU-Gipfel Ende November mit Ankara. Demnach soll die Türkei mit bis zu drei Milliarden Euro für die Flüchtlingshilfe und zur Reduktion des Andrangs von Schutzsuchenden nach Europa von der Europäischen Union unterstützt werden. Gemäß EU-Aufteilungsschlüssel würde Österreichs Anteil 57 Millionen Euro betragen, rechnete er vor. Nachsatz: „Nur so weit sind wir nicht.“ Denn der Beitrag aus dem gemeinsamen EU-Budget von 500 Millionen Euro könnte sich noch erhöhen, wodurch Österreichs Anteil sinkt.

In Spielfeld an der österreichisch-slowenischen Grenze wird zur Bewältigung künftiger Flüchtlingsströme der Aufbau des Grenzzauns fortgesetzt und bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein. Dabei tauchte aber ein neues Problem auf. Nicht nur einer der Grundbesitzer hat klar gemacht, er werde der Errichtung eines solchen Zauns nicht zustimmen. (ett/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2015)

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